Treu und Glauben

Des Bundesrates Wahrheitsliebe

Sie liegt zwar zwei Wochen zurück, die letzte Volksabstimmung. Das Tun und Lassen schweizerischer Spitzenpolitiker zu den dabei anstehenden Vorlagen ist freilich nicht vergessen.

Dass wir eine Verkehrsministerin haben, die offensichtlich nicht weiss, aus welchen Abgaben Schiene und Strasse heute finanziert werden, die dennoch, gleichsam in strahlendem Nichtwissen, weitere hunderte Millionen dafür fordert: Das dürfte wenigstens als Fussnote zur Qualität beratergesteuerter Regierungspolitik von heute in die Landesgeschichte eingehen.

Nachhaltiger in Erinnerung bleibt der Dreiakter zur Familieninitiative.

Erster Akt: Der linke Hof-Demoskop scheucht mit der Prognose der zu erwartenden Annahme der SVP-Initiative alle linken Pächterinnen der Sozialpolitik auf: Sozialpolitischer SVP-Vorstoss erfolgreich? Niemals! Was immer an Nutzen vielen Familien daraus erwachsen könnte – es ist zu zertreten, weil von der SVP vorgeschlagen.

Zweiter Akt: Die Finanzministerin, Besorgnis um ihre Staatskasse mimend, tritt höchstpersönlich hinter die schwere Kanone – wohlwissend, dass sie ihre Wiederwahl nur als Werkzeug der Linken absichern kann. Sie ist es, welche die Mär von drohenden Milliarden-Zahlungen in die Welt feuert. So nach der Methode: Wirf einer Doppelverdiener-Familie, die ihre Kinder in der Krippe betreuen lässt, einen mit Geld prall gefüllten Sack nach und behaupte dreist, solch vollgestopfte Geldsäcke müssten ausnahmslos allen Familien der Schweiz übergeben werden, wenn die SVP-Initiative angenommen würde.

Und auch ein Ersatzargument liess sie aus der Hinterhand noch aufblitzen: Die Initiative verlange «mindestens» die Gleichstellung der ihre Kinder selber betreuenden Familien mit denen, die ihre Kinder in einer Krippe betreuen lassen. Die Initianten dürste es also nach noch höheren Forderungen an den Staat – als ob die Finanzministerin nicht haargenau wüsste, dass Beträge – von solchen stand überhaupt nichts im Initiativtext – immer vom Parlament beschlossen werden müssten, wo die SVP bekanntlich allein keine Mehrheit hat. Ob die Finanzministerin mit diesem Gespenst nicht verraten hat, was sie eigentlich gerne propagiert hätte für den Fall, dass die Initianten das Wörtchen «mindestens» vergessen hätten: Ein paar Brosamen für die Selbstbetreuer, hingeworfen mit fromm-hinterhältigem Augenaufschlag und von den Worten begleitet, dass dies wohl genüge, hätten doch nicht einmal die Initianten selber «volle» Gleichstellung mit den Fremdbetreuer-Familien verlangt…

Dritter Akt: Die Mehrheit des Volkes, die an List und Tücke in bundesrätlichen Erklärungen nicht glauben mag, versenkt die Familieninitiative – das lautstark anhebende Jubelgeschrei linker Familienhasserinnen etwas befremdet verfolgend.

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Direkte Demokratie kann ohne Treu und Glauben nicht gedeihen. Die Bürger unterscheiden sich von mit allen Wassern gewaschenen juristischen Funktionären, wie solche Bundesbern zunehmend beherrschen. Bürgerinnen und Bürger vertrauen darauf, dass ihre Meinung, auch wenn nicht mit letztem juristischem Schliff vorgetragen, von Bundesbern so aufgenommen wird, wie sie geäussert worden ist. Und sie vertrauen darauf, dass Beschlossenes auch willensgetreu umgesetzt wird.

Doch dieses Urvertrauen zwischen Bürger und Regierung, Lebenselixier der direkten Demokratie, steht heute im luftleeren Raum. Der Bruch zwischen dem Souverän und der Landesregierung mit ihren Heerscharen von Funktionären wurde 1992 Tatsache. Der Bundesrat hat dem Volk nie verziehen, dass es damals Nein sagte zum «EU-Trainingslager» EWR. Seither trachtet Bundesbern nach Umgehung des damaligen Entscheids, nach Übertölpelung des Volkes also. Da findet Vertrauen zwischen Bürger und Regierung keinen Nährboden mehr.

Mögen die mit Lug und Trug inszenierten Umtriebe gegen die Familieninitiative auch bald vergessen sein, so bleiben jene im Amt, die für die täuschenden Machenschaften verantwortlich sind. Sie sind identisch mit denen, die jetzt die sog. «institutionelle Einbindung» der Schweiz in den EU-Apparat vorantreiben – und mit vieldeutigen Formeln verschweigen, dass damit nichts weniger als die Preisgabe der Souveränität, die Preisgabe von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung der Schweiz Tatsache werden wird.

Wo Täuschung Teil der Regierungspolitik wird, stirbt das Vertrauen als Lebensader der direkten Demokratie. Erst wenn das «Führungspersonal» Bundesberns ausgewechselt ist, kann die direkte Demokratie wieder aufblühen. An dieser Tatsache führt kein Weg vorbei.

us

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch