Der Souverän ist stärker

Zum 1. August 2014

Von Ulrich Schlüer, Chefredaktor «Schweizerzeit»

Seit dem 9. Februar 2014 lebt die hiesige Classe politique im Schockzustand. Die Ja-Stimmen verhalfen der Initiative gegen die Masseneinwanderung nicht bloss zu einem Achtungserfolg. Das Ja hat sich an der Urne durchgesetzt. Das Ja hat obsiegt.


Erschüttert

Bis zum 9. Februar glaubte die Front aus Mitte-, grünen und Linkspolitikern, aus Wirtschaftsverbänden, Gewerkschaften, Bundesverwaltung, aus Kirche, Kultur und Medien felsenfest daran: Kann der «bilaterale Weg» als durch einen Entscheid «gefährdet» verkauft werden, dann spurt die Stimmbürgerschaft nach dem Willen der Classe politique. Am 9. Februar 2014 platzte diese Utopie. Allen Beschwörungen aus dem Bundeshaus zum Trotz, gegen die Millionen-Kampagnen der Verbände und gegen die willkürlich Tatsachen verdrehende Propagandafront der Bundesverwaltung sowie gegen den fast einstimmigen Chor der Medien-Gewaltigen stimmten Volk und Stände der Initiative gegen die Masseneinwanderung zu.

Während einiger Stunden glaubten sich die Verlierer an den Strohhalm eines ja bloss äusserst knappen Ja klammern zu können. Doch wenn sich das Volk gegen eine geschlossene Front aller sich als mächtig Wähnenden durchsetzt, dann verblassen alle Ausreden. Ein politischer Erdrutsch ist am 9. Februar Tatsache geworden. Die Europhilen Bundesberns fühlen sich ins Herz getroffen.

Der Schock sitzt also. Aber von Besinnung, von Umkehr keine Spur. Krampfhaft versuchen sie, das einstürzende Lügengebäude von den angeblichen Segnungen der Einwanderung zu stützen, zusammenzuhalten – obwohl das Gebälk eingebrochen, das Fundament verfault ist.

Durchschaut

Bundesrat Didier Burkhalter, verantwortlich für die Beziehungen zur EU, will Beruhigung verbreiten. Mit einem «Rahmenvertrag» wolle er die «Erneuerung des bilateralen Wegs» einleiten, verspricht er der Öffentlichkeit. Dass dieser Vertrag der EU die «institutionelle Einbindung» der Schweiz in Brüssels Strukturen verspricht, wie das Chef-Kommissar Barroso vor anderthalb Jahren apodiktisch gefordert hat, davon sagt Bundesrat Burkhalter freilich nichts. Ein Verschweigen, das auf üble Täuschung der Öffentlichkeit hinausläuft.

Im Schweizer Verhandlungsmandat – nicht nur im kürzlich bekannt gewordenen der EU – steht, was der Bundesrat Brüssel anbietet: Bundesbern bekundet Bereitschaft, buchstäblich tausende EU-Gesetze, tausende EU-Beschlüsse «automatisch» – unter Verzicht auf alle Mitsprache – von Brüssel zu übernehmen. Bei Meinungsverschiedenheiten werde Bern die Urteile des EU-Gerichtshofs – also des obersten Gerichts der Gegenpartei – als unanfechtbar akzeptieren. Und sogar von Brüssel einseitig ausgesprochenen Sanktionen würde sich unser Land unterziehen, sollten per Volksentscheid (also durch Entscheid jenes Organs, welches gemäss Bundesverfassung der Souverän des Landes ist) Widersprüche zu verbindlichen Brüsseler Vorgaben entstehen – wie das beispielsweise mit dem Ja zur Initiative gegen die Masseneinwanderung gemäss Brüsseler Interpretation Tatsache geworden sein soll.

Entrechtet

Die Schweiz befände sich, würde Burkhalters «bilaterale Erneuerung» je Tatsache, in der Position eines unterworfenen Landes, einer Kolonie. Der Bundesrat will der EU nämlich auch noch gestatten, «Kontrollfunktionäre» in die Schweiz zu entsenden, die darüber wachen sollten, ob Bern alles von Brüssel Verordnete auch buchstabengetreu erfülle. Vogt Gessler hätte wieder das Sagen in dem Land, das, als es die Vögte verjagt hatte, zur Eidgenossenschaft wurde.

Als «bilateral» gelten solche Beziehungen und Verträge, die von in jeder Beziehung gleichberechtigten Partnern ausgehen; von souveränen Staaten oder Staaten-Verbindungen, die einander auf gleicher Augenhöhe respektieren. Und die zu einem Handlungsergebnis in aller Freiheit und Eigenständigkeit Ja oder Nein sagen können.

Als «Eingebundene» hat die Schweiz dagegen alles, was Brüssel verordnet, «automatisch» zu übernehmen. Verhandlungen erübrigen sich – der Schweiz ginge jedes Mitspracherecht verloren. Sie müsste nur parieren. Und bezahlen. Als der EU tributpflichtiger Untertanenstaat. Die skrupellosen Schuldenmacher zu Brüssel könnten die Schweiz ausnehmen wie eine fette – und dumme – Gans.

Der Bundesrat faselt von «Erneuerung des bilateralen Wegs». In Wahrheit betreibt er die Knechtung der Schweiz, die er den Bürokraten zu Brüssel als schutzlose Beute auszuliefern bereit ist. Und solche Vorhaben treiben Bundesräte voran, die einen Eid auf die Verfassung unseres Landes abgelegt haben.

Wie schamlos wird doch die Schweiz belogen – von oberster Stelle!

Manipuliert

Ein weiteres Beispiel gefällig? Man braucht nicht lange zu suchen: Brüssel – mit Echo aus Bundesbern – verbreitet derzeit beharrlich die Mär von der «allmählichen Erholung» der EU-Staaten aus Euro- und Schuldenkrise. Wer Europa bereist, sieht – etwa in Frankreich – weiss Gott anderes: Um sich greifendes Elend, um sich greifende Armut! Brüssel – mit Echo aus Bern – behauptet trotzdem, das Brutto-Inlandprodukt (BIP), anerkannter Wohlstandsmassstab, zeige allenthalben wieder nach oben. Untrüglicher «Beweis» der Wirtschaftserholung in allen EU-Ländern.

Unterschlagen wird, dass Brüssel mit klammheimlichem Beschluss die Berechnung des BIP markant verändert hat: Auf EU-Weisung sind neu auch die Erträge aus der Prostitution und aus dem illegalen Drogenhandel in die BIP-Berechnung miteinzubeziehen. Teilweise auf der Grundlage manipulierbarer Schätzungen. Zusätzlich müssen alle Forschungsauslagen, bisher als «Aufwand» verbucht, zu «Investitionen» erklärt werden, womit das BIP um Millionen, allenfalls gar um Milliarden – die grossenteils in der Bürokratie versickern – «angereichert» wird. Das Wirtschaftswachstum beruht auf Prostitution, Drogenhandel und skrupelloser Buchhaltungs-Manipulation.

Interessant dabei: Die Schweiz ist Vorreiterin. Obwohl EU-Nichtmitglied, hat sie die EU-Weisung als erstes Land bereits 2012 umgesetzt. Und der Öffentlichkeit vorgegaukelt, im BIP-Zuwachs manifestiere sich das Wohlstandswachstum dank Einwanderung. Das ist eine krasse Lüge. Werden Prostitution, Drogenhandel und Forschungs-Schwindel ausgeklammert, dann ist das schweizerische BIP pro Kopf in Wahrheit deutlich gesunken.

Soeben – am 9. Juli 2014 – hat das Seco die neuen, alle Rekorde brechenden Einwanderungszahlen für 2013 präsentiert. Nicht nur die erneute Zunahme alarmiert. Noch stärker beunruhigt, dass die Hauptzuwanderung aus den EU-Krisenländern im Süden und Osten erfolgt. Und dass, Folge dieser Entwicklung, die Arbeitslosigkeit bei den Eingewanderten überdurchschnittlich rasch steigt.

Dennoch flötet die Seco-Chefin die alte, auf einer entlarvten Lüge beruhende Behauptung in die Fernsehkameras, die Einwanderung begünstige Wirtschaft und Sozialwerke.

Abgehoben

Greift zu Bern «Endzeit-Stimmung» um sich, dass man sich derart plumpen Lügen glaubt bedienen zu können und zu müssen?

Trotz aller Informations-Manipulationen durch Bundesbern werden die neuen Einwanderungsrekorde den Druck auf den Bundesrat verstärken, die von Volk und Ständen angenommenen Initiativen zur Reduktion der Ausländer – Ausschaffungsinitiative und Initiative gegen die Masseneinwanderung – endlich, endlich umzusetzen. Nach den Vorgaben, die der hiesige Souverän beschlossen hat, nicht nach Weisungen aus Brüssel.

Der Ständerat hat sich an die Arbeit gemacht. Und stellt eine Verweigerungshaltung unter Beweis, die man in unserer direkten Demokratie bis vor Kurzem nicht für möglich gehalten hätte: Die zuständige Ständeratskommission will die Durchsetzungsinitiative, die nichts anderes als die Umsetzung der von Volk und Ständen bereits vor Jahren beschlossenen Ausschaffungsinitiative (Ausschaffung krimineller Ausländer) verlangt, zumindest als teil-ungültig erklären. Die Begründung dafür versetzt uns zurück in die Zeiten, da sich die Welt noch vor der Willkür von Diktatoren fürchtete: Juristische Gründe für eine Ungültig-Erklärung dieser Initiative existierten zwar keine. Doch diese Initiative, lässt die grünliberale Kommissionspräsidentin Verena Diener die staunende Öffentlichkeit wissen, verstosse gegen den «Geist der Verfassung», den alleinseligmachend auszulegen offenbar gewissen demokratiefeindlichen Ständerätinnen und Ständeräten vorbehalten sein soll.

Zuversichtlich

Der Ausverkauf der Schweiz, ihrer Grundsätze, des von ihr erarbeiteten Wohlstands, ihrer Demokratie und ihrer Freiheit scheint angesagt. Die Franzosen mussten, nachdem Bonapartes Truppen seinerzeit in Bern einmarschiert waren, den dort lagernden Staatsschatz wenigstens noch rauben. Bundesbern trägt ihn heute eigenhändig nach Brüssel.

Und dennoch ist nicht die Zeit der Resignation angebrochen. Der 9. Februar hat gezeigt: Der Souverän ist stärker als das mit List und Tücke operierende Bundesbern. Dieser Souverän wird die von Bundesbern anvisierte «politische Einbindung» der Schweiz in den Bürokratie-Apparat Brüssels verhindern.

Namens der «Schweizerzeit» übermittle ich Ihnen die besten Wünsche zur Bundesfeier 2014.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch