Wer haftet für Krawall-Schäden?

Der Zürcher Stadtrat im Vorfeld der 1. Mai-Kundgebungen
Votum an der Medienkonferenz der Vereinigung "sifa - Sicherheit für alle" am 5. April 2001 in Zürich

Bei den bevorstehenden 1. Mai-Veranstaltungen wird man die Haftungsfrage nach den Erfahrungen mit Ausschreitungen in den Vorjahren ins Zentrum stellen müssen. Es kann nicht angehen, dass in Zürich Jahr für Jahr an jedem 1. Mai ganze Strassenzüge verwüstet werden, ohne dass die Frage gestellt wird, wer dafür die Verantwortung trägt und wer für die angerichteten Schäden haftet.

Die Hauptverantwortung für die regelmässige Pervertierung von Umzug und Kundgebung zu unkontrollierten Gewaltausbrüchen und Randalen trägt das 1. Mai-Komitee. Eine Organisation, die es offensichtlich auf Provokation abgesehen hat. Anders ist nicht zu erklären, dass dieses 1. Mai-Komitee als Gastredner wiederholt Exponenten mit terroristischem "Leistungsausweis" einlädt. So Nadarajah Muralitharan, Chef der Tamil Tigers (1996), Isaac Velazco, Vertreter der peruanischen Guerilla Thupac Amaru (1997), und für 2001 Leila Khaled, palästinensische Flugzeug-Entführerin. Dass sich linke Chaoten und verwirrte Krawallmacher von einer Veranstaltung, an der solch prominente, gewaltverherrlichende Polit-Agitatoren auftreten, angezogen fühlen, kann nicht verwundern und muss auch den Organisatoren bekannt sein. Dass sich das 1. Mai-Komitee in der Vergangenheit kein einziges Mal von den mit Ausschreitungen und Zerstörungen verbundenen unbewilligten Nachdemonstrationen distanziert hat, rundet den bewusst provokativen Charakter der 1. Mai-Veranstaltungen ab.

Die sifa fordert in keiner Weise eine Einschränkung des Demonstrationsrechts. Sie hält aber fest, dass das Recht auf Eigentum und die Verpflichtung des mit dem Gewaltmonopol versehenen Staats zum Schutz des Eigentums gleichwertig sind. Wer unter Beanspruchung des Rechts auf Demonstration die Beeinträchtigung des Rechts auf Eigentum bewusst in Kauf nimmt, wird damit haftbar für die Schäden, welche die vom Veranstalter geförderten oder zumindest nicht verhinderten Verletzungen des Eigentumsrechts hervorrufen.

Nach den Erfahrungen der letzten Jahre dürfen Stadtregierung und Polizei Bewilligungen für Kundgebungen im Rahmen von 1. Mai-Feiern nur noch erteilen, wenn die Organisatoren konkrete Massnahmen aufzuzeigen vermögen, die geeignet sind, Krawalle zu verhindern. Bewilligungen müssen darüber hinaus mit der Auflage verbunden werden, dass für allfällig eintretende Schäden Sicherheit geleistet und Haftung übernommen wird.

Wenn die verantwortlichen Behörden - wie dies auch im laufenden Jahr der Fall zu sein scheint - darauf verzichten, von den Veranstaltern solche verbindlichen Zusagen und Sicherheitsgarantien einzufordern, dann fällt die Haftung für mögliche Schäden auf die bewilligenden Behörden, im konkreten Fall auf den Zürcher Stadtrat zurück.

Verantwortlich für mögliche Schäden an Personen und Sachen machen sich die Stadtregierung insgesamt, die Vorsteherin der Polizeidirektion im speziellen. Obwohl die gewalttätigen Ausschreitungen seit 1997 von Jahr zu Jahr gravierender eskalieren, hält Polizeivorsteherin Esther Maurer am Konzept fest, die Polizeikräfte möglichst lange zurückzuhalten und nur im äussersten Notfall zum Einsatz zu bringen. Die behördliche Rechtfertigung dieser Taktik lautet, dass polizeiliches Eingreifen eine "eskalierende" Wirkung entfalten könnte, womit die Lage verschlimmert würde. Als Folge dieser Instruktion wurden Strassenkrawalle zwar polizeilich beobachtet. Gegen regelrechtes "Abfackeln" von Personenwagen, gegen Verwüstungen an Schaufenstern und Fassaden wurde indessen nicht eingeschritten. Auf direkte Angriffe von mit Stahlkugeln, Flaschen und Eisenstangen ausgerüsteten Chaoten antwortete die Polizei aufgrund der ihr erteilten Instruktionen allzu oft mit diskretem Rückzug. Polizeivorsteherin Esther Maurer hat die Hilflosigkeit, die in dieser Taktik zum Ausdruck kommt, angesichts der gewalttätigen Saubannerzüge am letztjährigen 1. Mai selber kommentiert: "Es hat uns schier zerrissen, dass die Polizeikräfte nicht einschreiten konnten. Das war so himmelschreiend widerrechtlich, und doch musste man einfach zusehen."

Diese Aussage ist als explizite Verzichtserklärung zu werten, dem Recht auf Eigentum den verfassungsrechtlichen Schutz zukommen zu lassen. Sie löst damit ganz unmittelbar die Haftungsfrage aus. Wenn die Stadtregierung die Veranstalter für voraussehbare Schäden nicht haftbar macht, wird sie, wenn solche Schäden eintreten, selber haftbar, weil sie in der Verfassung verankerte Ansprüche der Bürgerinnen und Bürger missachtet.

Die sifa behält sich vor, zusammen mit allenfalls Betroffenen aufsichtsrechtliche Massnahmen sowie die Erhebung einer Verantwortlichkeitsklage zu prüfen. Die Sicherheit der Bevölkerung der grössten Schweizer Stadt darf nicht weiterhin von militanten Krawall-Touristen, von auf Provokation bedachten 1. Mai-Veranstaltern und ihre elementare Pflicht verletzenden Politikern beeinträchtigt werden.

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch