Nein zur Verdoppelung der Durchdiener

Kopfloser FDP-Vorstoss
In der nationalrätlichen Armee-Debatte vom 6. Juni 2007 warb NR Ulrich Schlüer namens der SVP-Fraktion für die Verwerfung der Parlamentarischen Initiative der FDP auf Verdoppelung der Durchdiener auf dreissig Prozent der Armeeangehörigen.

Niemandem in diesem Land, der in der Wirtschaft Verantwortung trägt, käme es je in den Sinn, Leute während eines halben Jahres auszubilden, sie dann noch ein halbes Jahr einzusetzen und dann zu sagen: So, jetzt ist fertig, wir beginnen wieder von vorne mit der Ausbildung. Wie mein Vorredner soeben gesagt hat: Es ist fertig, wenn das Durchdienen abgeschlossen ist. Derart unsinnige Ressourcenverschwendung mit Personen macht niemand. Hier soll sie uns aufgeschwatzt werden. Die Folgen: Die Bereitschaftsfähigkeit der Armee schwindet, je mehr Durchdiener eingesetzt werden. Zu glauben, diese seien, wenn sie auf Papier noch als Reserve geführt wurden, tatsächlich einsetzbar, ist eine Illusion.

Schlag gegen die Miliz

Ich staune eigentlich nur über eines, nämlich dass es ausgerechnet die FDP ist, die hier einen derart weltfremden Vorschlag macht. Durchdiener werden grundsätzlich durch Berufskader geführt. Wenn Sie dreissig Prozent Durchdiener haben, was die FDP-Initiative will, dann bedeutet das entsprechend weniger Karrieremöglichkeiten für Milizoffiziere. Wollen wir denn das? Wollen wir den Milizoffizieren die Karrieremöglichkeiten in der Armee verbauen? Da wird ein Schlag gegen die Miliz geführt, dessen Auswirkungen diejenigen, die ihn ausgelöst haben, wahrscheinlich selber noch gar nicht erkannt haben.

Das Gutachten Schindler

Es existiert zur Durchdiener-Frage bekanntlich ein Gutachten, das Gutachten von Dietrich Schindler, eines Staatsrechtlers, der wohl über alle Zweifel erhaben ist. Professor Schindler hat zwei Bedingungen gestellt, damit ein Wehrmann als Milizler anerkannt werden kann. Bedingung eins ist, dass er neben der Dienstpflicht einen zivilen Beruf ausübt. Das tut der Durchdiener nicht. Bedingung zwei ist, dass der Soldat durch Milizkader ausgebildet wird. So steht es im Gutachten Schindler. Der Durchdiener wird aber nicht durch Milizkader ausgebildet, sondern durch Berufskader. Das ist so vorgesehen, das ist auch klar. Sie können doch einem Durchdiener nicht zumuten, dass er alle paar Monate einen neuen "Kadi" hat. Das würde in der Praxis nie funktionieren.

Armee-Verkleinerung um 40'000 Mann

Wenn in der Armee dreissig Prozent Durchdiener eingeteilt sind, vermindern Sie die Bereitschaftszahl der Armeeangehörigen um 40'000, wenn Sie das auf zehn Jahre hochrechnen. Diese 40'000 werden zwar als Reservisten auf dem Papier geführt. Aber tatsächlich findet eine Armee-Reduktion um 40'000 Mann statt. Das müssen Sie sich vor Augen halten.

Allzu viele Sozialfälle

Ich habe letztes Jahr eine Abschlussinspektion einer Durchdiener-RS besuchen können, ich wurde dazu eingeladen. Sie erleben da Besonderes, Einzigartiges, auch Bedenkenswertes. Ich habe zum Beispiel festgestellt, dass 33 Prozent der welschen Absolventen in, wie es hiess, "beruflich ungeklärter Situation" waren. Auch 27 Prozent der Deutschschweizer waren in "beruflich ungeklärter Situation". Es waren also zu einem beträchtlichen Teil Arbeitslose, die den Durchdienern für ein Jahr Verwendung fanden. Es wurde mir ohne Weiteres eingeräumt, dass es auch Sozialarbeiter, die besonders schwierige Fälle zu betreuen haben, gebe, die sagen würden: "Ja, jetzt gehst du einmal ein Jahr ins Militär, dann bist du für diese Zeit einmal versorgt."

Ich sage hier klar, dass das nicht generalisiert werden soll - doch
der Anteil von Durchdienern in ungeklärter Situation ist so gross, dass man sich damit befassen müsste.

Oder fragen Sie einrnal an zuständiger Stelle an, wie viele Durchdiener des letzten Jahrgangs, die für das Grenzwachtkorps vorgesehen waren, die Anforderungen für solche Dienstleistung überhaupt erfüllt haben, so dass sie dann tatsächlich eingesetzt werden konnten. Es waren bedenklich wenige.

Nein zur Durchdiener-Verdoppelung

Ich muss insgesamt einfach sagen: Tragen Sie zur Milizarmee Sorge! Ich sage das besonders mit Blick auf die Freisinnigen. Hier wird ein Stoss gegen die Milizarmee geführt, der verantwortungslos ist. Ich bitte Sie im Namen der SVP-Fraktion: Geben Sie dieser Parlamentarischen Initiative keine Folge.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch