Ja zum Minarett-Verbot

Für Scharia-Recht ist kein Platz in der Schweiz
Nationalrats-Votum vom 4. März 2009

113'000 Bürgerinnen und Bürger dieses Landes haben nach den Regeln, wie sie in unserem Land gelten, das Begehren gestellt, dass ein Thema, das sie interessiert, bewegt, beunruhigt, öffentlich diskutiert werde. Was sich diese 113'000 Leute heute von denjenigen, die sich Volksvertreter nennen, an Unterstellungen und auch an Beleidigungen haben bieten lassen müssen, geht bald auf keine Kuhhaut mehr. Bürger fordern das Recht auf Diskussion zu einem Thema, das sie bewegt – ein demokratisches Recht, das jeder Schweizer und jede Schweizerin hat.

Angriffe auf die Demokratie

Sie fahren dagegen Prinzipien auf, Herr Gross. Die existierenden Prinzipien reichen ihnen freilich nicht aus: Was Sie dazu bewegt, diese grundlegenden Prinzipien wie Folterverbot, Genozidverbot, Sklavereiverbot, die wir nicht verletzen wollen und dürfen, einfach auszuweiten – nach Ihrem Gutdünken. Sie also geben vor, was an Normen zu gelten hat und was nicht. Der Höhepunkt ist, dass Sie auch noch diejenigen, welche die neue Verfassung einst abgelehnt haben, als Bürger in Zweifel ziehen. Nur noch die Jasager, die Kopfnicker sollen also voll mitbestimmen können. Wissen Sie, wohin das in jenen Ländern geführt hat, in denen man solche «Regeln» schon eingeführt hat?

Offenbar haben in diesem Saal einige erheblich Mühe mit der Demokratie. Sie beschwören alle Arten von Prinzipien – nur die Demokratie, das demokratische Recht von Bürgern, wird offenbar nicht mehr besonders hochgehalten. Etwa deshalb, weil Sie befürchten, dass die Bürger Sie auch einmal nach den Taten hinter Ihren hehren Prinzipien fragen könnten? Zu solcher Furcht haben Sie tatsächlich Grund, in Zusammenhang mit Problemen, die sich mit der Minarettverbots-Initiative tatsächlich stellen; Probleme in Zusammenhang mit der Einhaltung von in der Schweiz geltendem Recht. Solche Einhaltung fordern ja auch Sie.

Sonderfall «Islam»

Zunächst: In einem Punkt unterscheidet sich der Islam grundlegend von allen anderen Weltreligionen: Der Islam ist einerseits Religion – dagegen ist nichts einzuwenden; jedermann hat auch in unserem Land die Freiheit, diese Religion auszuüben; so wird das Prinzip der Religionsfreiheit beachtet. Andererseits gibt der Islam eine verbindliche Gesellschafts- und Rechtsordnung vor, die einzuhalten er von seinen Anhängern verlangt; das ist die Scharia. Doch die Scharia steht in wesentlichen Punkten in Konflikt, in diametralem Gegensatz zu den Freiheitsrechten, wie sie in unserer Bundesverfassung jedem Menschen garantiert werden. Es gibt keine Gleichberechtigung nach Scharia; die Scharia will nicht, dass Mädchen und Buben die gleiche Schule besuchen usw.

Die Bedeutung des Minaretts

Das Minarett ist nicht eine religiöse Baute. Herr Widmer, Sie können vielleicht einmal den heutigen «Tages-Anzeiger» studieren: Da wird eine interessante Dokumentation zum Minarett und seiner Bedeutung publiziert. Der «Tages-Anzeiger» steht nicht auf Seiten der Initianten – aber den Sachverhalt hat er korrekt wiedergegeben. Das Minarett ist Symbol des Kampfes für eine andere Rechtsordnung als der unsrigen. Wir stellen deshalb das Minarett sozusagen als Speerspitze der Scharia in den Mittelpunkt. Und bezüglich Durchsetzung hier geltenden Rechts müssen wir nicht 200 Jahre zurückgehen, wir können durchaus von der heutigen Situation ausgehen: Es gibt in diesem Land über 1000 Zwangsehen. Nahezu jede Gemeinde in diesem Land kennt das Problem, dass junge Musliminnen gezwungen werden, jemanden zu heiraten, den sie freiwillig nicht heiraten würden.

Zwangsehen

Es mag vielleicht peinlich sein, dass wir – nicht die Frauenrechts-Organisationen – dieses Problem zur Diskussion stellen müssen. Hier mit Überzeugung das Prinzip zu äussern, unsere Rechtsordnung sei einzuhalten, das ist die eine Seite. Gut wäre, wenn dieses Prinzip aber auch durchgesetzt würde. Frau Humbel-Näf: Ich bin auch glücklich über das Urteil des Bundesgerichtes im Fall Schaffhausen. Nur, die vom Urteil Betroffenen, die sich dem Schwimmunterricht weiter verweigern, foutieren sich darum. Sie scheren sich demonstrativ nicht ums Bundesgericht; sie wollen anders leben. Und niemand sagt etwas dazu.

Scharia-Forderungen

In Genf lebt ein bekannter muslimischer Religionsführer, der gesagt hat, er trete ein für ein «Moratorium für Steinigungen». Ja, wo leben wir denn? Was heisst da «Moratorium»? Das heisst: Jetzt gerade nicht, später aber dann schon. Wann später? Hofft er, einmal in der Mehrheit zu sein, und dann könne er sich mit seinen Scharia-Vorstellungen durchsetzen? Steinigungen darf es hier in diesem Land nie geben – weder jetzt noch später! Da gibt es keinen Kompromiss.
Wenn wir über die Friedhofsordnung sprechen: Das Problem ist, dass das Ansinnen vorgebracht wurde, dass alte Erde – weil darin Christen ruhen könnten – entfernt werden müsse, weil zu unterscheiden sei zwischen «Reinen» und «Unreinen». Mit Verlaub: Es gibt in der Schweiz weder tote noch lebendige «Reine» und «Unreine». Hier sind vor dem Gesetz alle gleich, und das gilt ohne jeden Vorbehalt.

Die Bürger ernst nehmen!

In Wangen bei Olten weht noch immer die Fahne der «Grauen Wölfe» vor der neuerdings mit Minarett ausgerüsteten Moschee. Das hat doch etwas zu bedeuten.

Wenn Sie Argumente ausserhalb der Initiative erfinden müssen, Herr Jositsch, um diese Initiative bekämpfen zu können, dann zeigen Sie nur, dass Sie dagegen über kein wirkliches Argument verfügen.

Nehmen wir die Bürgerinnen und Bürger endlich ernst. Wenn von jemandem Toleranz gefordert wird, dann darf dieser erwarten, dass dort, wo die andere Seite die Mehrheit hat, auch Toleranz zu beweisen wäre. An diesem Massstab orientiert sich unser Handeln.

Ulrich Schlüer

(Transkript erstellt nach der provisorischen Fassung des Amtlichen Bulletins und aufgrund der Handnotizen des Votanten)

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch