Definition zwingendes Völkerrecht


Am 28. September beantragte NR Ulrich Schlüer mit folgendem Votum Annahme der parlamentarischen Initiative:

Die parlamentarische Initiative stellt Sie vor die Frage: Wie halten Sie es mit der Demokratie? Wie halten Sie es mit dem Initiativrecht der Schweizer Bürgerinnen und Bürger?

Bis heute steht in der Bundesverfassung, dass eine Initiative den zwingenden Bestimmungen des Völkerrechts nicht widersprechen darf. Würde sie das, muss sie für ungültig erklärt werden. Wir fordern Sie anhand der laufenden Diskussion nun auf, den existierenden Verfassungsartikel zu ergänzen und genau zu definieren, was denn zwingendes Völkerrecht ist, so wie wir es definiert haben, als wir vor gut zehn Jahren die Bundesverfassung revidierten – bzw. als wir sie, wie man damals sagte, nachführten, also sie änderten, ohne sie materiell zu verändern. Wir schlagen Ihnen vor, in die Verfassung zu schreiben, dass als zwingendes Völkerrecht gilt, was heute schon gilt, nämlich das Verbot des Angriffskriegs, das Verbot der Folter, das Verbot des Völkermords und das Verbot der Sklaverei.

Wir möchten Sie bitten, in dieser Frage Klarheit zu schaffen, damit das Volk weiss, woran es ist, wenn es das Initiativrecht wahrnimmt. Wir fordern nur das, was heute gilt. Und wir fordern das für eine Verfassung, die eine offene Verfassung ist. Dies bedeutet, dass sie, wenn von aussen her oder von wo auch immer Anregungen und Forderungen kommen, den Katalog zu erweitern, jederzeit auch erweitert werden kann. Aber – und das ist das Entscheidende – die Erweiterung geschähe mit dem Souverän und keinesfalls gegen den Souverän.

Der Souverän würde selbst angefragt und zur Entscheidung aufgefordert: Bist du, Stimmbürger, bist du, Stimmbürgerin, damit einverstanden, dass wir dieses zwingende Völkerrecht aufgrund irgendwelcher Vorgaben erweitern – ja oder nein?

Wir sind in der Schweiz gut damit gefahren, dass wir alles Recht, das bei uns gilt, demokratisch verankert haben, dass das Volk wusste, welches Recht es einzuhalten hatte, weil es dieses Recht selbst geschaffen hatte. Genau das fordern wir jetzt für das Initiativrecht, damit keine Versuche unternommen werden, einen Katalog zu erweitern, ohne dass das Volk dazu befragt wird.

Das ist das Entscheidende an dieser parlamentarischen Initiative, die eine Stärkung der Demokratie bewirken will, indem sie Klarheit schafft in der Frage, was das Volk kann und wo es sich selbst Grenzen setzt. Nicht nur die Demokratie, sondern auch Bestrebungen zur Einschränkung des Initiativrechts haben auf einer Rechtsgrundlage zu basieren, auf einer Rechtsgrundlage, die in der Demokratie geschaffen und nicht über das Volk hinweg eingeschränkt werden soll. Wir haben dieses Problem in Bezug auf Initiativen, über die wir kürzlich abgestimmt haben oder die hängig sind. Schaffen Sie hier Klarheit um der Demokratie willen. Ich bin überzeugt, dass Ihnen das Volk dafür dankbar ist.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch