Angriffe auf Soldaten sind Offizialdelikte

Am 10. März 2004 gelangte die Motion im Plenum zur Diskussion.

Nationalrat Ulrich Schlüer begründete sie noch einmal wie folgt (Auszüge):

Auslöser meines Vorstosses waren die schweren tätlichen Angriffe von jungen Leuten auf uniformierte Soldaten in der Stadt Aarau. Es hat sich dabei gezeigt - "Aarau" geschah vor bald zweieinhalb Jahren -, dass Aarau kein Einzelfall war, dass es in Payerne, dass es in Wetzikon, dass es an anderen Orten zu ähnlichen Angriffen gekommen ist, wobei offensichtlich die Tatsache, dass die Angegriffenen die militärische Uniform trugen, der Ausgangspunkt oder der Auslöser der Tätlichkeiten war.

Ich beantrage mit meiner Motion, dass ein gewalttätiger Angriff auf einen uniformierten Soldaten als Offizialdelikt zu ahnden ist, dass also der Staat selbst Anklage erhebt und die Strafverfolgung aufnimmt. Es darf doch einfach nicht sein, dass Soldaten, die aufgrund der Tatsache, dass sie durch ihre Uniform als Soldaten erkennbar sind, angegriffen werden und dann zur Kenntnis nehmen müssen, sie müssten halt selber Anzeige erstatten, wenn sie meinten, man müsse die Tätlichkeiten strafrechtlich verfolgen. Das ist eine Haltung, die unverständlich ist und die abzulehnen ist.

Vom VBS war zu vernehmen, dass ein Angriff auf einen Soldaten nur dann als Offizialdelikt behandelt werden könne, wenn der Soldat bei Ausübung seines Dienstes angegriffen werde, nicht aber, wenn er sich im Ausgang befinde. Beim Exerzieren oder beim Gefechtsschiessen - da kommt es doch nie zu solchen Angriffen! Wenn ein Angriff erfolgt, dann geschieht dies sicher im Ausgang.

Und die Verhaltensmassregeln, die man den Soldaten für den Fall von tätlichen Angriffen mitgegeben hat, können ebenfalls nur Kopfschütteln auslösen. Erstens müsse man den Soldaten in Erinnerung rufen, wie sie sich im Ausgang als Soldaten aufzuführen hätten. Das hilft einem besonders viel, wenn der angegriffen wird, nur weil er eine Uniform trägt. Zweitens sollten die Soldaten nur noch in Gruppen in den Ausgang gehen. Was für ein Ratschlag! In diesem Land darf ein Soldat ganz gewiss noch allein in den Ausgang gehen, ohne dass er sich bedroht fühlen muss.

Dann wird dem Wehrmann noch beigebracht, wie er sich einer bedrohlichen Situation entziehen könne - in Wahrheit werden da Ratschläge nach dem Charakter von Fluchthilfe und Fluchtberatung abgegeben.

Die Zunahme der Gewalt insbesondere unter Jungen ist ein Problem in der Schweiz. Das Problem muss angegangen werden. Nun gesteht auch der Bundesrat ein, dass dies ein ernsthaftes Problem sei, und beteuert seit einiger Zeit, er interessiere sich für dieses Problem, er verfolge das Problem sorgfältig und nehme daran Anteil. Und in diesem Zusammenhang sei er auch bereit, meinen Vorstoss als Postulat - aber nicht als Motion - anzunehmen. Ich werde mich erst entscheiden, ob ich auf dieses Angebot eingehen soll, nachdem ich den Bundesrat gehört habe. Denn die Tatsache, dass man sich seit fünf Jahren im Departement für dieses Problem interessiert, ist keinerlei Anlass zur Beruhigung und bietet keine Gewähr dafür, dass endlich auch etwas unternommen wird. Handeln tut Not!

Bundesrat Christoph Blocher erklärte sich im Namen der Landesregierung bereit den Vorstoss als Postulat entgegenzunehmen. Er führte dazu folgende Argumente an:

Erstens hätte der Aarauer Vorfall klar als Offizialdelikt behandelt werden müssen.

Zweitens sei eine Behandlung solcher und ähnlicher Vorfälle als Offizialdelikte aber nur möglich, wenn vom Uniformierten keinerlei Provokation ausgehe und er allein wegen seiner Uniform Angriffsobjekt geworden sei. Eine Wirtshausschlägerei, in welche betrunkene Uniformierte verwickelt seien, könne bezüglich des Uniformträgers nicht gleich gewertet werden.

Der Motionär erklärte sich im Anschluss an diese bundesrätliche Stellungnahme einverstanden mit der Umwandlung der Motion in ein Postulat. Der Vorstoss wurde vom Rat darauf als Postulat überwiesen.

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch