Geld regiert die Schweiz

Manipulation der Mehrwertsteuer-Abstimmung
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 19. Juni 2009

Was sich am Schlusstag der Junisession im Bundeshaus zu Bern – vom theatralisch inszenierten Rücktritt Bundesrat Couchepins zwar aus den Schlagzeilen verdrängt – abgespielt hat, war ein Akt einmaliger Durchtriebenheit, zeugt von in der Schweiz bisher nicht vorstellbarem Verfall politischer Ehrlichkeit. Eine für die Volksabstimmung bereits verabschiedete, zuhanden des am 27. September abstimmenden Souveräns bereits publizierte Vorlage – jene zur Mehrwertsteuer-Erhöhung zwecks Löcherstopfens bei der Invalidenversicherung (IV) – ist in einer Nacht-und-Nebel-Übung von einmaliger Hektik noch einmal abgeändert worden.

Begründung nach aussen: Ihre Erfolgschancen würden damit verbessert. In Wahrheit war die Verschiebung ein Werk der finanzstarken Economiesuisse. Der Organisation also, die während der soeben zuende gegangenen Session mit massiver, die Kassen einzelner Parteien an ihrer wundesten Stelle treffender Druckausübung entscheidend mitgeholfen hat, dass die versagenden Boni-Banker von Bundesbern ungeschoren bleiben. Diese Economiesuisse hat – sekundiert von Gewebeverband und Gewerkschaften – die Finanzierung der Abstimmungskampagne zur Erhöhung der Mehrwertsteuer von der Verschiebung der Inkraftsetzung dieser Steuererhöhung um ein Jahr abhängig gemacht – und FDP, CVP, SP und Bundesrat haben über Nacht gespurt. Geld regiert die Schweiz!

Was das für Bürger und Steuerzahler bedeutet? Die AHV, ebenfalls bereits in kritischer Lage, wird um genau jene fünf Milliarden erleichtert, die ihr unter heiligen Versprechungen absoluter Unantastbarkeit erst vor wenigen Jahren aus den Nationalbank-Goldverkäufen zugeführt worden sind. Erleichtert um diese fünf Milliarden, wird es – ohne dass die IV davon saniert würde – auch für die AHV kritisch. Und zusätzlich liefert Economiesuisse das Schmieröl dafür, dass die Schweizer Steuerzahler um gut acht Milliarden geschröpft werden – in einer Zeit schwerer Wirtschaftskrise. Ohne dass damit das bei der IV klaffende Loch von fast fünfzehn Milliarden gefüllt würde. Höchstens dessen Grösserwerden wir gebremst – wobei die Verschiebung der Sanierung die Verschuldung natürlich weiter verschärft. Unglaublich, wie der Bund, an der Aussenfront einknickend, die eigenen Bürger hintergeht – aus mangelnder Courage, den schweren, nicht zuletzt von Ausländern notorisch inszenierten Missbrauch der IV endlich zu unterbinden. Seit Annahme der Personenfreizügigkeit fühlt sich Bundesbern selbst dann gefesselt, wenn elementare Pflichten gegenüber dem eigenen Volk zu erfüllen wären.

Ulrich Schlüer


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