Pädagogen statt Computer

Abfuhr für HarmoS-Bildungsreform im Aargau
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 22. Mai 2009

Von Beat Zemp, dem Präsidenten des Schweizerischen Lehrerverbands – der gleichen Persönlichkeit also, die seinerzeit «Verständnis» bekundet hat für Forderungen hiesiger Muslim-Sprecher, christliche Weihnachtsfeiern aus der Schweizer Volksschule zu verbannen – stammt das Wort, wonach die Politik von jeglicher Einmischung in die Volksschule auszuschliessen sei. Schulreform sei ausschliesslich den «Fachleuten» zu reservieren. «Gewöhnliche» Sterbliche seien damit überfordert, hätten folglich den Mund zu halten.

Und munter haben sie drauflos reformiert, die der Öffentlichkeit entrückten «Fachleute»: Frühfranzösisch, Frühenglisch, Schulpflicht mit Vier, Basisstufen-Lehrerinnen mit Matura-Abschluss statt Kleinkinder verstehende Kindergärtnerinnen, «Team-Teaching» statt Klassenlehrer, Portfolio statt Zeugnisnoten, integrativer Unterricht statt Sonderförderung schwächer Begabter in Kleinklassen, unendliches «Reporting» – von Elterngesprächen und Team-Absprachen, Sitzungen, Sitzungen, Sitzungen statt Konzentration auf die Unterrichtsvorbereitung, systematische Bürokratisierung des gesamten Schulablaufs, unendliche Reglementierung, uferlose Vertherapeutisierung der Volksschule anstelle von Klassenunterricht.

Abermillionen an Zusatzkosten: Aber nahezu ausschliesslich für die Aufblähung der Schulbürokratie mit Schulleitungen und Schulsekretariaten in jedem Schulhaus, nahezu nichts für eigentliche Bildung. Die Volksschule wurde immer teurer, der Bildungserfolg immer dürftiger. Klagen von Lehrmeistern wie von Hochschuldozenten häufen sich: Immer weniger Schulabgänger seien wenigstens fähig, einen anständigen, den Adressaten ansprechenden Brief in fehlerlosem Deutsch zu verfassen…

Verständlich, dass die Promotoren solch «erfolgreicher Reformen» die Politik – also von Bürgern und Eltern gewählte Volksvertreter – von aller Mitsprache am liebsten völlig ausschliessen würden.

Die Sackgasse, in welche abgehobene Bildungsfunktionäre die Volksschule hineinmanövriert haben, ist mit dem wuchtigen Nein zur Aargauer «Kleeblatt-Reform» deutlich geworden: Die Schule lebt nicht von durchreglementierter, bürokratisch computergerecht erfasster System-Vereinheitlichung. Die Schule lebt von Pädagogen, sorgfältig in Schulführung ausgebildeten Lehrern, welche im Engagement für den im Unterricht zu vermittelnden Stoff menschliche Bindung zu ihrer Schule, zu jungen Menschen aufbauen. Engagierte Pädagogen statt computergestützte Systeme: Das ist der Weg, Jugend für Bildung zu gewinnen.

Ulrich Schlüer


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