Zehntausend Konten

Die Schweiz im Würgegriff der USA
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 3. Juli 2009

Die USA behaupten, in der Schweiz bestünden 52'000 Konten von US-Bürgern, die der US-Besteuerung entzogen seien. Wie kommt die US-Steuerbürokratie überhaupt auf die Zahl von 52'000 Konten?

Während der Bundesrat noch leise Widerstand markiert gegen die Auslieferung aller Daten aus diesen US-Konten, treffen aus Washington weitere Behauptungen ein, wonach sich die USA die Daten von rund zehntausend der beanstandeten Konten bereits gesichert hätten. Wie brachte sich Washington in den Besitz dieser Daten? Gewiss nicht auf legale Weise. Diese Daten wurden geraubt. Die USA könnten sich zunutze machen, dass wichtige Server, über welche brisante Schweizer Bankdaten laufen, in den USA stationiert sind. Das Eindringen in diese Netze dürfte möglich sein. Für Daten-Diebstahl – eine eindeutig kriminelle Handlung.

Warum schweigt der Bundesrat zu diesen Vorgängen? Da findet doch ein Wirtschaftskrieg statt. Mit Methoden des Cyber War. Und mit der Schweiz als Opfer. Will sich der Bundesrat dazu nur ducken? Weshalb? Weil die Opfer «bloss» Inhaber von Bankkonten sind? Vermögende also. Signalisiert der Bundesrat, dass Ausländer, die in der Schweiz – statt von hiesigen Sozialwerken zu zehren – Vermögen anlegen, keinen Rechtsschutz mehr geniessen? Dass sie auf Datenschutz und Privatsphäre nicht mehr zählen können? Findet der Bundesrat die Kraft nicht mehr, Verhandlungen mit den USA abzubrechen, wenn deren Administration sich unverblümt illegaler Mittel bedient, um widerrechtlich an Bankdaten zu gelangen? Sonst behauptet der Bundesrat doch stets, dass ihm Völkerrecht wichtig sei. Sind die USA davon ausgenommen, sich an völkerrechtliche Regeln zu halten – nur weil sie mächtiger sind als die Schweiz?

Der Anleger muss sich, will er sich sein Recht auf Privatsphäre bewahren, selber helfen. Welcher Konto-Inhaber verlangt von seiner Bank als erster, dass sein Konto so geführt werde, dass es nicht via ein Computerprogramm in ein grosses, offenbar nicht völlig einbruchsicheres Netzwerk gelangt? Welche Bank bietet solche Dienstleistung als erste an, um Vermögende vor den auf Schuldentürmen sitzenden geldgierigen Regimes zu schützen? Dem Finanzplatz Schweiz solche Sonder-Dienstleistung zu sichern – das müsste heute primäres Ziel des Bundesrates sein. Verschliesst er sich solcher Strategie, gelangt er nur allzu rasch in den Ruf des still duldenden Helfershelfers krimineller Machenschaften. Mit verheerenden Folgen.

Ulrich Schlüer


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