In wichtigen Sachen schreiben wir nichts mehr auf


Bundesrat beschliesst Protokoll-Verzicht

Kommentar für die Rubrik "Akzent" in der "Schweizerzeit" vom 25. Juni 2010

Nationalrats-Votum von Ulrich Schlüer zur PUK-UBS
gehalten am 9. Juni 2010

Namens der SVP-Fraktion beantrage ich Ihnen, der Bestellung einer PUK zuzustimmen.

Wir erachten zwar den GPK-Bericht als durchaus interessant, aber doch vor allem als Ausgangspunkt, um weitere Untersuchungen anzustellen, Untersuchungen, bei denen es spezielle Untersuchungsbefugnis braucht. Der Bundesrat hat zum von damals bis heute wichtigsten Geschäft beschlossen, keine Protokolle zu führen. Jedermann in diesem Saal weiss: Hätte Gleiches eine Kantonsregierung, ein Gemeinderat, ein Verwaltungsrat beschlossen, käme sie oder er weiss Gott nicht mit einem Verweis davon. Es geht doch nicht an, dass das höchste Gremium, das für die Öffentlichkeit zu arbeiten hat, entscheidet: In wichtiger Sache schreiben wir nichts mehr auf. Wir leben doch nicht im Staat von Robert Mugabe! Wir sind in einem Rechtsstaat, und in einem Rechtsstaat ist es Schuldigkeit der Regierung, die Transparenz für ihre Tätigkeit herzustellen.

Der Protokollverzicht hat aber durchaus auch einen sehr brisanten Hintergrund: Wir vernehmen aus dem GPK-Bericht, dass die Schweizer Botschaft in den USA sowie der verantwortliche Verhandlungsführer der Finanzverwaltung die Meinung vertreten, nicht die USA hätten den Druck gegen die Schweiz entfaltet, dieser sei vielmehr auf Druck der UBS zustande gekommen, weil die UBS darin die Möglichkeit sah, ihre Spitzenleute Kurer und Rohner aus der Schusslinie zu ziehen. Das steht in diesem Bericht. Da müssen wir die Hintergründe kennen, das muss aufgeklärt werden. Wenn das stimmen würde, wäre auch das Parlament hinters Licht geführt worden. Das gehört also aufgeklärt. Wenn der Verzicht auf Protokollführung einen Zusammenhang hätte zu dieser Behauptung, die ja von Leuten aufgestellt wird, die zuvorderst an der Front gestanden haben, dann muss dies aufgeklärt werden. Das kann nur eine PUK aufklären. Im Interesse des Rechtsstaates Schweiz muss das sein.

Dieses Problem lösen wir nicht, indem wir ein grösseres Vorschriftengeflecht aufstellen, wie Beschlussfassungen in kritischen Fragen abzulaufen haben, wie das aus den Empfehlungen der GPK hervorgeht. Hier muss der Hintergrund aufgedeckt werden: Wir müssen die Handnotizen aller Bundesräte aus der protokolllosen Zeit untersuchen können. Wir müssen doch wissen, wie die Departementsvorsteherin des EDA den erwähnten Bericht ihrer Botschaft in Washington aufgenommen hat, ob sie ihn in den Bundesrat getragen hat oder nicht. Weshalb hat sie es gegebenenfalls unterlassen? Da gibt es Aufklärungsbedarf von ausserordentlicher Brisanz.

Ulrich Schlüer


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