Kriegs-Spiel?

Luftschläge gegen Libyen

Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 25. März 2011

Präsident Sarkozy, innenpolitisch schwer angeschlagen, glaubt sich mit dem Image des «entschlossenen, siegbringenden Feldherrn» retten zu können. Frau Merkel, bezüglich der heillosen, unendlichen Verstrickung ihrer Bundeswehr ins blutige Geschehen am Hindukusch von der Öffentlichkeit längst verlassen, glaubt ihre geschwächte Position durch Abseitsstehen in Libyen retten zu können. Obama, bis zur Erschöpfung gebeutelt von den quälenden Konsequenzen der in Washington immer wieder neu aufflammenden Träume vom rasch «alles lösenden» demonstrativen Luftschlag, der in Afghanistan und Irak in lähmendem, sieglosem Ringen von Truppen endet, die den Zweck ihres Kampfes längst aus den Augen verloren haben, liess sich zum Mitmachen zwar überreden – aber nur aus der Ferne, ohne Führungsverantwortung, eigentlich nur fürs Schaufenster.

Derweil streiten Uno und Nato, wer da führen, wer da kommandieren soll. Das Ganze, von wankelmütigen Medien vorderhand noch frenetisch applaudiert, wird als «Operation der Völkergemeinschaft» etikettiert, weil doch niemand wirklich unmittelbare Verantwortung für alles, was da noch kommen kann, übernehmen will.

Dass Luftschläge, so spektakulär sie vorerst inszeniert werden, kaum je Ergebnisse bringen, wenn der fürs erste erfolgreichen Bombardierung keine Besetzung folgt, weiss jeder Militär. Wird Gaddafi nicht persönlich ausgeschaltet, dürfte die Weltöffentlichkeit bald – tatsächliche oder vorgetäuschte – Bombardierungs-Opfer zu sehen bekommen: Kinder, Frauen, Alte. Verstümmelt und getötet. Einige Tage werden die Medien, im «Fall Libyen» derzeit noch Kriegstreiber, die Bilder für sich behalten. Unterdrücken können sie diese kaum. Auch nicht, wenn sich Gaddafi Ausländer, die es in Libyen noch hat, als Geiseln nimmt. Um sie vor laufender Kamera zu bedrohen, allenfalls auch abzuschlachten…

Bundesbern bebt vor Zorn, weil «wir» nicht mit von der Partie sind. Weil die Neutralität der Classe politique Kriegsabenteuer verbietet, die als vermeintlich «kurze Einsätze» beginnen, allzu oft in nicht enden wollenden, jahrelangen blutigen Ernst münden. Ist denn der «Fall Libyen», wenn Gaddafi getroffen, persönlich erledigt würde, überhaupt «gelöst»? Warum hat man den Irren dann nicht viel früher gezielt erledigt? Vermeintlich kurze, an Bildschirmen perfekt geplante Kriegs-Spiele enden – bzw. enden eben nicht – allzu oft als «blutige Dramen ohne Ende». Ein Glück, dass wir als Neutrale uns in solches Geschehen nicht verstricken lassen dürfen. Wir wollen eine starke Armee – aber einzig und allein für die Verteidigung unseres Landes, der Schweiz.

Ulrich Schlüer


(C) 2010 - 2017: Alle Rechte vorbehalten

Diese Seite drucken