Um zehn Uhr ist Post-Austausch

Anmerkungen zum Tagesgeschehen

Unsere Gemeinde – der Name tut nichts zur Sache, weil hunderte andere Gemeinden von gleicher «Segnung» betroffen sind – ist von den Post-Oberen ihrer Poststelle beraubt worden.

Von Ulrich Schlüer, Flaach ZH
(publiziert in der Zürcher Woche)


Der Entscheid ist uns Post-Kunden mit reichlich Post von der Post-Direktion schmackhaft gemacht worden: Die «neue Regelung» biete «viele Chancen», wurde uns unermüdlich vorgegaukelt.

Der Alltag verhilft statt zu Chancen freilich zu unendlich viel Ärger. Als Postfach-«Kunde» – «Opfer» wäre der zutreffendere Ausdruck – erleben wir besondere Formen der «neuen Ordnung». Konnte man früher die eingehende Post bereits vor Arbeitsbeginn dem Postfach an der örtlichen Poststelle entnehmen, liegt sie heute erst Stunden später in einer neu erstellten Fächerstelle. Und – selbst nach einem halben Jahr «Einführungszeit» – noch immer ist es an der Tagesordnung: Die in unser Fach gelegte Post ist beinahe täglich «angereichert» durch Briefe an die Gemeindeverwaltung, an andere Firmen, an andere Kunden. Das Telefonieren beginnt. Man erfährt dabei, dass Teile der an uns geschickten Briefpost in andere Fächer gerieten. Also ist ein Treff zu vereinbaren – zwecks Post-Austauschs um zehn Uhr. Da gehen Arbeitsstunden drauf. Die Post kümmert’s nicht. Und es bessert kaum. Sauordnung wird zum Post-Prinzip.

Massive Fehlzustellungen etwa zweimal pro Woche sind heute «normal». Auf Reklamationen meldet sich ein «Kundenberater». Durchaus anständig, zum Tatbestand aber unwissend. Der Verantwortliche für den ganzen Salat meldet sich nie.

Lamentabel ist die Drucksachen-Zustellung, die für Postfach-Inhaber selten bis nie klappt – nicht einmal für «amtliche Drucksachen».

Kürzlich lasen wir in der Lokalzeitung, sämtliche Einwohner seien von der Gemeindebehörde per amtlicher Drucksache zweimal über einen ausser Termin erfolgten Rücktritt eines Behördenmitglieds orientiert worden. Die Postfach-Kunden wurden dabei übergangen. Als ginge sie nichts an, was die Gemeinde ihren Bürgern zu sagen hat.

Einzahlungen im Dorf sind nicht mehr möglich. Man muss den Bezirkshauptort aufsuchen. Für Nicht-Autofahrer kompliziert – mit Umsteigen bei nicht abgestimmtem Fahrplan. Seniorinnen und Senioren, die am Postschalter eine Einzahlung tätigen wollen, benötigen hin und zurück wohl einen beschwerlichen halben Tag. Muss man sich das einfach bieten lassen?

Jetzt soll eine direkte Postautoverbindung in den Hauptort mit Poststelle eingerichtet werden. Schön! Nur: Wer trägt die Kosten für diese Linie, die allein wegen der örtlichen Service-Verweigerung durch die Post nötig wird? Sicher nicht die Post. Der Steuerzahler wird zur Kasse gebeten. Wenn lausiger Post-Service zusätzliche Aufwendungen erforderlich macht, muss sie der von der Post vernachlässigte, zum Opfer degradierte Kunde bezahlen – nicht der Funktionär, der trotz Nicht-Service seinen Lohn erhält.

Jetzt vernehmen wir, dass der Post das Monopol für Briefsendungen erhalten bleibt. Daraus muss man wohl schliessen: Entscheidende Besserung wird nicht eintreten. Die Verantwortlichen hocken in ihren Monopol-gesicherten, gut besoldeten Pfründen. Sie plagen das Personal, das schlechteren Service unter immer schlechteren Bedingungen anbieten muss – und das frustrierten Kunden gegenüber die «Blitzableiter»-Rolle übernehmen muss, während die Funktionäre weitab vom verärgerten Publikum die Monopol-Vorteile geniessen.

us


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