Angst

Minarettverbots-Debatte in der Schlussphase
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 27. November 2009

Hassprediger – stets mit radikalen muslimischen Freitagspredigern identifiziert – lösen Angst aus. Auch hierzulande. Deshalb beteuern derzeit alle Parteivertreter landauf landab, Hassprediger dürfe man in der Schweiz unter keinen Umständen je zulassen.

Aber Angst diktiert noch anderes Handeln. Die Mitte-Parteien, vor allem die FDP, scheinen zunehmend vor Angst zu zittern, ihre Anhänger könnten ins Ja-Lager zum Minarettverbot schwenken. Die Angst kam auf, nachdem das Ja zum Minarettverbot an mehreren kantonalen und regionalen FDP- und CVP-Delegiertenversammlungen erst nach massivster Druckausübung durch die Parteileitung knapp verhindert werden konnte. Die Glarner CVP beschloss gar die Ja-Parole. Da fürchten sich die Spitzen der Mitte-Parteien zunehmend vor der eigenen Basis.

Das dürfte der Auslöser für einen FDP-Rundumschlag gewesen sein, wie unsinniger kaum je ein Rundumschlag ausgeteilt worden ist: Per Video-Botschaft wird einer der Verfechter des Minarettverbots – der «Schweizerzeit»-Redaktor – in ein Zweier-Porträt montiert – zusammen mit einem ausgekochten islamistischen Terroristen, mit demjenigen nämlich, dessen Blutspur in Madrid sichtbar wurde anlässlich des dortigen Attentats auf einen Vorortszug. Dutzende an Toten und Verstümmelten hat dieser Anschlag gefordert.

Beide, sagt das FDP-Video, seien Hassprediger – der Blut-Terrorist von Madrid ebenso wie der Schweizer Politiker, der ein Anliegen vorträgt, dem 113'000 Schweizerinnen und Schweizer ihre Unterschrift gewährt haben, so wie das unsere Verfassung im Rahmen der Direkten Demokratie erlaubt.

Der Demokrat und der Terrorist – beides Hassprediger! Jedenfalls im FDP-Video.

Nutzt dieser Demokrat denn nicht genau jenes demokratische Recht, das in die Schweizerische Bundesverfassung gebracht zu haben, die Freisinnigen bisher – zu Recht – besonders stolz waren?

Und jetzt stempeln sie den Schweizer, der liberale Rechte konsequent im Rahmen der geltenden Staatsordnung wahrnimmt, zum Hassprediger – und setzen ihn auf gleiche Stufe wie einen Terroristen!

Wer solch Unsinniges aus der FDP-Küche vorgesetzt bekommt, kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass er einem Vorgang beiwohnt, der in Geschichtsbüchern dereinst unter den Titel «Das Ableben des Freisinns» gesetzt werden dürfte.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch