Erpresserinnen entlarvt

Der Bundesrat und die Personenfreizügigkeit
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 30. Januar 2009

Der Abstimmungskampf über die Ausdehnung der Personenfreizügigkeit bietet Neuartiges. Zum Beispiel Parteien, die ausländische Botschafter zu Galionsfiguren für die Parolenfassung erküren – als müssten wir uns von aussen «den Tarif erklären lassen». Die Berner FDP engagierte Michael Reiterer, den Botschafter der EU in Bern, auf dass er den noch nicht aufs Ja Eingeschworenen die Leviten lese. Reiterers Worte jagten den ganz auf Ja-Einpeitschung fixierten Berner FDP-Grössen allerdings den baren Schrecken durch alle Glieder.

Die Schweiz könne frei entscheiden, was sie nach allfälligem Nein am 8. Februar zu tun gedenke. Die EU «werde nichts unternehmen, sondern davon ausgehen, dass die Schweiz die Verträge weiter einhalten werde». So wurde Reiterer von den Medien nach seinem Langenthaler FDP-Auftritt zitiert.

Eine höchst brisante Aussage. Und eine böse Abfuhr für die FDP. Die so sorgfältig inszenierte Guillotine-Drohung fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Dass das Nein die «automatische Kündigung» von Verträgen zur Folge habe, wird von Reiterers Aussage entlarvt als haltlose Erpressung, als plumper Einschüchterungsversuch ohne jeden Rückhalt in den Verträgen.

Nur wenn Bern – wozu von keiner ernstzunehmenden Seite auch nur der Anflug eines Antrags vorliegt – Verträge einseitig und formell kündigen würde, würden diese aufgelöst. Von Guillotine, von automatischem Kopfabschlagen keine Rede! EU-Fanatikerin Micheline Calmy-Rey, die noch andere Unwahrheiten verbreitende Eveline Widmer-Schlumpf, die in der «Arena» mangels Sachkunde eher bedenklichen Eindruck hinterlassende Doris Leuthard – sie kennen entweder die Verträge nicht, oder sie vertreten Brüsseler statt Schweizer Interessen.

Die «Tagesschau» vom 23. Januar stellte Reiterer – von entnervten Bundesrätinnen wohl auf die Wirkung seiner Aussagen aufmerksam gemacht – zur Rede. Er erging sich dabei fleissig in nichtssagenden diplomatischen Floskeln. Aber – weit wichtiger – er nahm kein Jota seiner brisanten Aussage zurück. Die drei Bundesrätinnen stehen da als entlarvte Erpresserinnen. Ihre Behauptungen sind unwahr.

Ob ihnen denn Brüssels Interessen näher liegen als schweizerische? Würden sie damit nicht eidbrüchig?

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch