Handlanger

Armee im Seeräuber-Einsatz
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 2. Mai 2009

Wer Verfassung und Gesetze auch nur annähernd ernst nimmt, findet darin nie und nimmer auch nur den Hauch einer Grundlage für Piratenjagd im Golf von Aden durch die Schweizer Armee.

Ein Schweizer Soldat im Auslandeinsatz darf seine Waffe – so hat es das Volk in einer Volksabstimmung festgelegt – zur Selbstverteidigung in einer Situation der Notwehr einsetzen. Piratenjagd im Indischen Ozean hat gewiss nichts mit Selbstverteidigung in einer Notwehr-Situation zu tun. Es geht um vorsätzliche Angriffshandlungen. Und ein Schiff, finanziert von einer Schweizer Reederei, jedoch unter der Flagge Panamas verkehrend und von einer international bunt zusammengewürfelten Mannschaft begleitet, kann wohl kaum als «Schweizer Territorium» bezeichnet werden, welches unsere Armee zu verteidigen hätte.

Wer dann noch behauptet, mit dreissig Mann ein paar tausend Kilometer vom eigenen Land entfernt eigenständige Militäroperationen gegen Piraten auf hoher See führen zu können – ist der etwas anderes als ein militärischer Zauberlehrling?

Das weiss man auch im Bundeshaus. Das weiss wohl selbst Micheline Calmy-Rey, obwohl sich die linke Aussenministerin um militärische Fragen notorisch foutiert. Bundesrat Ueli Maurer – vom Bundesrat in die Minderheit versetzt – wehrt sich als für die Armee Verantwortlicher: Piraten-Einsatz ist Armee-Missbrauch.

Worum geht es also wirklich?

Dreissig Schweizer Grenadiere (fünf im Einsatz, zehn am Ausruhen, der Rest mit rückwärtigen Aufgaben betraut) könnten lediglich als Kleinkontingent in einem grösseren militärischen Verband, also als Unterstellte in den Einsatz geschickt werden. So hätten sie an Kampfhandlungen teilzunehmen, zu denen andere die Befehle erteilen würden.

Wer als Unterstellter Befehle anderer ausführt, sich von andern zu militärischen Angriffshandlungen befehlen liesse, ist gewiss nicht mehr neutral. Er führt keine eigenständige Verteidigungspolitik mehr. Er hat sich einem Mächtigeren unterstellt. Alle Neutralität wäre dahin.

Genau darum geht es Calmy-Rey: Sie will die Neutralität weghaben, weil diese sie in jener Rolle auf der Weltbühne behindert, welche sie anstrebt.

Die Bundesrats-Mehrheit übernimmt dabei die Handlanger-Rolle.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch