Sechs Ausverkäufer


Vor den Bundesratswahlen

Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 13. August 2010

Sie beginnen wieder, die Spiele und Spielchen, Spekulationen, Unterstellungen, Dementis, Gerüchte: Schneider-Ammann oder Keller-Sutter? Oder ein Tessiner? Sommaruga oder Fehr? Oder Aeppli? Drei, fünf oder sieben Frauen? Oder ein Männer-Njet? Ob all die Gerüchteküche-Anheizer nicht doch irgend einmal wahrnehmen, wieviel Widerwillen ihr läppisches Feuerblasen in der Bevölkerung auslöst?

Eine einzige, die für die Zukunft der Schweiz wichtigste Frage bleibt dabei konsequent ungestellt. Medien und Parlamentarier gehen ihr einvernehmlich aus dem Weg. Die Frage lautet: Muss es unverrückbares Schicksal der Schweiz bleiben, dass sechs ihrer sieben Bundesratssitze sozusagen auf ewig jenen gesichert bleiben, die direkt oder auf vermeintlich schlau getarnten Umwegen in die EU streben? Die Linke will offen den Vollbeitritt. «Mitte»-Politiker beschwören derweil diffus einen «Rahmenvertrag», die EWR-Neuauflage oder eine nebulöse «EWR-light»-Version. Alle diese Wege verfolgen das gleiche Ziel: Die Fesselung der direkten Demokratie, auf dass die Schweiz samt ihren Bürgerinnen und Bürgern Schritt für Schritt der Selbstbestimmung beraubt werde. Muss sich das Schweizervolk – jegliche Unterwerfung unter Brüsseler Diktat sicherlich vehement ablehnend – solch fest zementierte Ausverkaufs-Mehrheit in der Regierung eigentlich auf ewig gefallen lassen?

Wird sie auch kollektiv totgeschwiegen, so existiert die Alternative doch: Sie würde sich durchsetzen, wenn all diejenigen Parlamentarier, die sich aus Opportunitätsgründen vor Wahlen dem Volk gerne als «Bürgerliche» verkaufen, am 20. September endlich einmal bürgerlich stimmen würden. Das wäre ganz einfach. Sie müssten bloss der SP – die sich vor drei Jahren mit ihrer üblen Widmer-Schlumpf-Intrige einen zusätzlichen Sitz im Bundesrat geholt hat – die kalte Schulter zeigen, dafür den ausgewiesenen SVP-Gegenkandidaten wählen. Danach brächte der Freisinn auch seinen (weiblichen oder männlichen) Kandidaten mit breiter bürgerlicher Unterstützung bequem in die Landesregierung.

Verweigert sich der Freisinn solch auf der Hand liegendem bürgerlichem Schulterschluss, dann bringt er einen seiner Kandidaten zwar aller Wahrscheinlichkeit nach trotzdem ins Ziel. Die FDP – seit Jahren notorische Wahlverliererin – hätte dafür allerdings einen sehr hohen Preis zu bezahlen: Sie müsste sich noch weit mehr als in der Vergangenheit den Gunstbezeugungen der ihr überlegenen Linken auf Gedeih und Verderb unterwerfen. Damit liesse sich zwar ein Bundesratssitz noch einmal ergattern. Nur dürfte sich die Erosion bezüglich Wählerunterstützung sehr rasch bis zu einem eigentlichen Absturz beschleunigen – einem Absturz ins Nichts.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch