Eine halbe Million für eine einzige Familie

Sozialfunktionäre hebeln Demokratie aus

Der hier geschilderte Fall wird durch mehrere Personen, die mit den Einzelheiten vertraut sind, übereinstimmend beschrieben. Er bringt eine Gemeinde an den Rand des Bankrotts.

Von Ulrich Schlüer, Chefredaktor «Schweizerzeit»

Da kam eine Frau aus einem Land des Mittleren Ostens illegal in die Schweiz. Hier begehrte sie Asyl. Da sie keinerlei auf ihre Person zielende Bedrohung nachweisen konnte, wurde ihr Gesuch abgelehnt. Aber es wurde ihr «vorläufige Aufnahme» zugestanden. Dies bereits vor etlichen Jahren. Gearbeitet hat sie hier nie. Sie lebt von der Sozialhilfe der Gemeinde, der sie vom Asylamt zugewiesen worden ist.

«Vorläufig aufgenommen»

Etwa gleichzeitig gelangte auch ein aus einem anderen Mittelost-Land stammender Mann – ebenfalls illegal – in die Schweiz. Auch sein Asylgesuch wurde abgelehnt. Er lebt hier als «vorläufig Aufgenommener». Gearbeitet hat er nie.

Die beiden fanden sich und heirateten. Rasch meldete sich Nachwuchs. Die Kinderzahl wuchs nur allzu bald auf ein halbes Dutzend. Schwierigkeiten mit den Behörden gehörten zum Alltag.

Dann zerstritten sich die Eltern. Es kam zur Scheidung. Die Frau warf dem Mann Gewalttätigkeit vor. Aktenkundig wurde solche allerdings nie – weder bei der Polizei noch bei den Gemeindebehörden. Der Vorwurf löste aber umfassende Intervention der «Kinder- und Erwachsenenschutz- Behörde» (Kesb) aus.

Fremdplatzierungen

Der Mann musste ausziehen. Nebst der – grossen – Familienwohnung wurde auch die Zweitwohnung auf Kosten der Gemeinde angemietet. Die Kesb setzte – obwohl Gewalttätigkeit nie amtlich registriert worden war – die sofortige «Fremdplatzierung» der gefährdeten Kinder durch. Die Mutter sei – wurde begründet – ohnehin überfordert. Kostenpunkt pro Kind: Zwischen 50000 und 75000 Franken pro Jahr. Alles zulasten der Gemeinde. Mit allem Drum und Dran musste für diese einzige Familie rund eine halbe Million Franken pro Jahr geleistet werden.

Auch wegen zusätzlicher Kesb-Anordnungen: Allen sechs Kindern stehe ein Besuchsrecht beim Vater zu. Da dieser vielleicht gewalttätig sei, wurde für jedes Kind für dessen Vater-Besuche im Vierzehntage-Rhythmus vollzeitliche Begleitung und Aufsicht durch einen Sozialarbeiter verfügt. Auf Kosten der Steuerzahler selbstverständlich.

Gemeindepräsident schweigt

Damit sind die wichtigsten Details zu diesem «Fall» zusammengefasst. Die «Schweizerzeit» weiss, wo er Tatsache geworden ist und immer weitere Auswirkungen zeitigt. Sie hat sich wochenlang darum bemüht, dazu dem Gemeindepräsidenten Fragen zu stellen. Lange wurden wir hingehalten, schliesslich traf eine brüske Absage ein.

Sie ist vermutlich von der Furcht diktiert, sich mit der Bereitschaft zu einem Interview ein Verfahren wegen angeblicher Amtsgeheimnisverletzung aufzuhalsen. Wir nutzen seine Angst vor einer Stellungnahme, die völlige Unhaltbarkeit des heute geltenden Systems der Sozialfürsorge zu illustrieren.

Frucht der «Professionalisierung»

Bekanntlich wurde die früher der Gemeindehoheit unterstellte Sozialhilfe (einst korrekterweise «Fürsorge» genannt) «professionalisiert». Dazu wurden die Kesb, die Kinder- und Erwachsenenschutz-Behörden geschaffen. Gremien, die allein aus Berufsfunktionären zusammengesetzt sind.

Diese setzten mit richterlicher Hilfe – gestützt auf von Paragraphen-Theoretikern geschaffenen internationalen Konventionen – durch, dass all ihre Anordnungen und Massnahmen strengstem Datenschutz unterstellt wurden. Damit – wie sie begründen – Sozialhilfe-Bezüger auf keinen Fall je öffentlich «blossgestellt» würden. Auf diese Weise wurde die Sozialhilfe zur «Geheimsache von Funktionärsgremien». Nicht einmal die Gemeindebehörden erfahren, was aus welchen Gründen angeordnet wird. Aber sie müssen alles bezahlen. Niemandem müssen die Kesb Rechenschaft ablegen. Kein Wunder, dass Funktionärsapparate und Kosten explodieren.

Demokratie

Es ist eine Grundregel der Demokratie, dass die Behörden für zu tätigende Ausgaben von den Bürgern zunächst grünes Licht erhalten müssen. Die Behörden stellen Anträge, über die Anträge wird abgestimmt. Finden sie Mehrheiten, dann wird die öffentliche Hand, genährt aus Steuergeldern, kostenpflichtig. Untrennbar zur Demokratie gehört auch, dass die Behörden über getätigte Zahlungen Rechenschaft abzulegen haben: Keine Zahlung ohne Bewilligung durch den Souverän. Keine Abrechnung ohne Genehmigung durch den Souverän. So funktioniert Demokratie.

Aber genau dieses demokratische Grundgesetz haben die Kesb-Funktionäre ausgehebelt. Ohne jede Kontrolle können sie – sich meist an den Maximalnormen der Skos-Richtlinien orientierend – Anordnungen treffen, welche die Gemeinden danach zu bezahlen haben. Niemand kann dagegen Einsprache erheben.

Kommt dazu, dass diese Funktionäre notorisch Verantwortung scheuen. Ordnen sie ein Besuchsrecht an, dann ist – damit die Frage der Gewalttätigkeit nicht abgeklärt werden muss – Vollzeit-Begleitung durch Funktionäre fester Teil ihrer Anordnung. Wo immer ein heikler Entscheid zu treffen wäre, wird ein Gutachten, oft ein Zweit-, nicht selten ein Drittgutachten eingeholt. Und selbstverständlich ist dem davon Betroffenen ein Recht auf ein Gegengutachten einzuräumen. Alles auf Kosten der Gemeinde. Alles, damit persönliche Verantwortung auf andere, möglichst anonyme Instanzen abgewälzt werden kann. Kein Wunder, dass darob alle Kosten explodieren. Die Verfassung wird unterlaufen. Die Gemeinden werden in den Ruin getrieben. Buchstäblich! Reihenweise!

«Solidarität»

Jetzt erhebt die Linke den Ruf nach «Solidarität». Selbst von der «NZZ am Sonntag» erhält sie Schützenhilfe: Ein «Lastenausgleich» sei erforderlich. Kantone und Bund müssten finanziell eingespannt werden.

Wird solch zusätzliche Anonymisierung von Zahlungen durchgesetzt, werden die Kosten vollends ins Unermessliche explodieren. Nicht nur Gemeinden, auch Kantone und Bund würden darob in den Ruin getrieben.

Eine andere, eine genau gegenteilige Massnahme ist zwingend erforderlich: Keine Ausgabe ohne demokratische Kontrolle! Wer Fürsorge beansprucht, ist auch politischer Kontrolle zu unterstellen.

Im Klartext: Die Hoheit über die Fürsorge, über die Sozialhilfe muss zurück an die Gemeinden. Dort kann man den konkreten Fall am besten beurteilen. Dort wird korrekt Rechenschaft abgelegt über die Kostenfolgen von Anordnungen. Es gibt in unserem Land keine Verfassungsgrundlage, die Funktionären erlaubt, die demokratischen Grundregeln für Ausgaben der öffentlichen Hand zu unterlaufen.

Wer solches durchzusetzen versucht, gehört aus seiner Funktion entfernt. Auf dass der Ruin der öffentlichen Hand abgewendet werden kann.

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch