Abschleichen ist unmöglich

Debatte zu Ausland-Wiederholungskursen der Armee
Votum im Nationalrat am 2. Juni 2009

Im Rahmen der Nationalratsdebatte über Ausland-WKs der Schweizer Armee, vertrat Ulrich Schlüer den ablehnenden Standpunkt zur Idee der Mitteparteien, Auslandeinsätze der Armee künftig erst bis zu sechs Monate nach rasch erfolgtem Einsatz dem Parlament zur nachträglichen Genehmigung zu unterbreiten. Auszüge aus dem Votum:

Ich ersuche Sie in erster Linie darum, wirklich ernst zu nehmen, worum es hier geht. Er kann doch nicht ernsthaft sechs Monate - ein halbes Jahr nach Beginn eines Auslandeinsatzes, wenn dieser längst im Gange ist, einfach gesagt werden: Wir haben es uns jetzt wieder anders überlegt, wir gehen wieder nach Hause. Das hat es noch nie gegeben. Wer in einem solchen Einsatz drin ist, und dabei im Rahmen einer Koalition eine Aufgabe zu erfüllen hat, kann sich aus dieser Aufgabe nicht mehr davonstehlen, dann, wenn es ihm gerade beliebt. Es bräuchte auch Durchmarschrechte usw.; diese zu erhalten, ist nirgends garantiert. Es ist unmöglich, es ist unverantwortlich, meines Erachtens nicht durchdacht, zu behaupten, man könne einen angefangenen Einsatz in einem beliebigen Moment wieder abbrechen.

Beachten Sie, was zurzeit in Deutschland geschieht: Der ganze Bundestag möchte längst, dass die Bundeswehr-Soldaten aus Afghanistan abziehen. Aber Deutschland kann nicht mehr raus; es musste sogar sein Kontingent massiv aufstocken, weil es der Alliierte, der Anführer der Koalition - die USA - verlangt haben. Man kann doch nicht einfach davonlaufen, als wäre man auf einem Spaziergang.

Und weiter ist festzuhalten: Es war, Kollege Engelberger, noch nie ein «unbedeutendes Geschäft» zu behandeln in Sachen Auslandeinsätzen der Armee, zu dem man sagen könnte, es komme nicht darauf an, wer über den Einsatz entscheide. Jeder Einsatz war von Bedeutung, war von grossem Gewicht - und jeder, der hier drin sitzt, weiss das, wie die Auseinandersetzung darüber geführt worden ist. Es geht hier vielmehr darum, dem Parlament Verantwortung und Mitbestimmung wegzunehmen. Das ist falsch, das darf nicht zugelassen werden.

Erlauben Sie mir zum Abschluss noch eine allgemeine Bemerkung: Seit die Beratung dieses Militärgesetzes begonnen wurde, hat sich die militärpolitische Lage in unserem Land grundlegend verändert. Heute liegen Mängelberichte auf dem Tisch. Wir wissen, dass enorme Reparaturarbeiten zugunsten einer glaubwürdigen Armee, zugunsten einer glaubwürdigen Landesverteidigung vorzunehmen sind.

Ich möchte jetzt hier drin an alle diejenigen, die für eine glaubwürdige Landesverteidigung einstehen, appellieren: Setzen Sie die Priorität bei der Behebung der festgestellten Mängel! Das ist die Hauptaufgabe, die wir in der unsicheren Zeit von heute vordringlich zu bewältigen haben. Hören Sie auf mit Ihren Auslandträumen! Hören Sie auf, Dissens und Gegensatz in dieses Land zu tragen und die Unterstützung der Armee, den Konsens in der Bevölkerung für eine starke Landesverteidigung immer weiter zu untergraben für Prestige-Projekte, die Ihnen gefallen, die dem Land aber nicht dienen.

Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch