Regelmässiges Strategietraining

für die Landesregierung.
Behandlung der Parlamentarischen Initiative von Nationalrat Ulrich Schlüer am 2. Dezember 2010 im Rat.

Mit dieser parlamentarischen Initiative wird verlangt, dass der Bundesrat dafür sorgt, dass die Landesregierung, die Armeespitze und gegebenenfalls weitere hohe Bundesstellen regelmässigem Strategietraining auf der Grundlage zeitgemässer, realistischer und komplexer Szenarien ausgesetzt werden. Es ist nach den Vorfällen, die uns in den letzten Monaten in Atem gehalten haben, eigentlich eher schwierig, noch jemanden zu finden, der die Notwendigkeit solchen Trainings nicht einsehen würde. Es wurde im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um Libyen, es wurde insbesondere im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um das Bankgeheimnis, mit den Angriffen auf den Finanzplatz Schweiz immer und immer wieder im Parlament und von der GPK beklagt, dass es der Bundesrat nicht verstehe, einheitlich aufzutreten, dass sich Bundesräte in entscheidender Situation widersprechen würden, dass die Position der Schweiz in wichtigen Auseinandersetzungen untergraben würde, weil der Bundesrat nicht in der Lage sei, in einer Krise einheitlich zu handeln.

Genau darum geht es. Es ist noch kein Krisenmanager vom Himmel gefallen. Natürlich gibt es Persönlichkeiten, die begabter sind als andere, mit Krisen umzugehen. Aber wer in einem hohen Amt steht, wer im Namen des Landes handeln muss, wenn der Staat angegriffen wird, der muss dieses Handeln trainieren, der muss Szenarien ausgesetzt werden, wie sie gegebenenfalls überraschend eintreten können. Vom Bundesrat, von der Landesregierung muss insbesondere der Umgang mit überraschend eintretenden Entwicklungen trainiert werden; das ist das Entscheidende. Es treten Entwicklungen ein, mit denen niemand je gerechnet hat. Wir erinnern uns, wie der Bundesrat hochgemut verkündet hat, er werde das Bankgeheimnis mit Zähnen und Klauen verteidigen; im entscheidenden Moment aber stand er ohne Konzept da. Das ist Realität geworden, weil sich die Landesregierung nicht mehr damit befasste, dass überraschende Entwicklungen, auch feindselige überraschende Entwicklungen, auch unser Land treffen können.

Wir haben uns jahrelang in der Gewissheit gesonnt, wir seien nur noch "von Freunden umzingelt". Und plötzlich mussten wir erleben, dass ein Konfliktfall dann sehr anders aussehen kann. Solches muss vorbereitet werden.

Ich lese in den ablehnenden Erwägungen der Kommissionsmehrheit, man könne, wenn solches geschehe, nicht aus dem Stegreif handeln. Völlig einverstanden, genau darum geht es! Man kann nicht aus dem Stegreif handeln, sondern muss sich mit realistischen Szenarien auseinandersetzen, Erfahrungen sammeln, trainieren. Man bereitet nicht das vor, was nachher geschieht, aber man bereitet das Umgehen mit überraschenden Entwicklungen vor; genau das muss gelernt werden.

Wir vom Parlament beklagen unisono, dass der Bundesrat nicht in der Lage sei, einheitlich zu handeln - wir werden es morgen wieder hören, wenn der Libyen-Bericht zur Sprache kommt. Der Bundesrat ist auch deshalb dazu nicht in der Lage, weil er es nicht lernt und sich nicht entsprechendem Training aussetzt. Wir sind der Auffassung, dies müsste regelmässig geschehen und gegebenenfalls müssten auch die Spitzen der Armee und der Verwaltungsstellen, die betroffen sein können, mit einbezogen werden. Es muss anhand moderner Bedrohungsszenarien geübt werden.
Ich bitte Sie, nicht nur eine Haltung der Kritik gegenüber dem Bundesrat einzunehmen, sondern dafür zu sorgen, dass dieses Training stattfinden kann, damit auf zukünftige Krisenfälle und Angriffe kompetenter geantwortet wird.

Nationalrat Ulrich Schlüer

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch