Jean Ziegler als UNO-Sonderberichterstatter

Zahlt die Schweiz?
Nationalrätliche Fragestunde vom 25. September 2000

Die Erneuerung des als Nationalrat abgewählten Jean Ziegler zum "Uno-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung" veranlasste Nationalrat Ulrich Schlüer, in der nationalrätlichen Fragestunde vom 25. September 2000 folgendes zur Diskussion zu stellen:

"Trifft es zu, dass der Bundesrat die Kandidatur Jean Zieglers für die Funktion des "Uno-Sonderberichterstatters für das Recht auf Nahrung" besonders gefördert hat? Wenn Ja: Aus was für Motiven?"

Bundesrat Joseph Deiss antwortete:

"La candidature de Jean Ziegler a été proposée et soutenue directement par le haut-commissaire des Nations Unies pour les droits de l'homme, Mme Robinson. Ce n'était donc pas une candidature présentée par le Conseil fédéral ou par le Département fédéral des affaires étrangères. Je me suis bien sûr réjoui de la nomination par le président de la Commission des droits de l'homme de l'ONU, le 1er septembre dernier, d'un citoyen suisse pour remplir un important mandat dans le domaine des droits de l'homme, celui du droit à l'alimentation, un droit fondamental pour lequel la Suisse s'engage depuis longtemps. J'ai félicité M. Ziegler pour sa nomination au poste de rapporteur spécial sur le droit à l'alimentation. Comme il est normal, le Département fédéral des affaires étrangères et la Mission permanente de la Suisse près les organisations internationales à Genève apporteront à M. Ziegler l'appui qui lui sera nécessaire à l'accomplissement de sa tâche, et notamment l'expertise de la coopération suisse au développement et celle de spécialistes du DFAE en matière des droits de l'homme."

Nationalrat Schlüer stellte darauf folgende Zusatzfrage:

"Meine Frage lautete, ob der Bundesrat die Kandidatur Ziegler unterstützt hat. Sie haben mir geantwortet, wer die Kandidatur vorgeschlagen hat. Das ist nicht ganz dasselbe. Mich nimmt natürlich wunder, welchen Gewinn die Schweiz darin sieht, einen Mann in diesem Amt zu sehen, der in Entwicklungsfragen auch schon Arbeiten z.B des seinerzeitigen Sekretärs des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes benutzt hat, wobei festgestellt wurde, dass er 47-mal falsch zitiert hat, und zwar derart falsch, dass nicht einmal das Gegenteil des Gesagten richtig war. Da nimmt einen schon wunder, welchen Gewinn sich die Schweiz von einer solchen Vertretung verspricht. Ich möchte auch gerne wissen, ob auch im Fall von Jean Ziegler die Schweiz die Salarierung übernimmt und - falls dem so ist -, wie hoch diese ist."

Die Zusatzfrage beantwortete Bundesrat Deiss wie folgt:

"Tout d'abord le Haut-Commissariat n'a pas sollicité la Suisse pour cette candidature, comme je l'ai déjà dit: il a été proposé directement par le haut-commissaire pour les droits de l'homme et M. Ziegler bénéficie personellement d'une renommée, notamment en Afrique.

En revanche, dès que la nouvelle a été connue, l'appui de la Mission permanente de la Suisse à Genéve a été à M. Ziegler, sur le plan informel. Je n'ai pas mentionné de chiffres pour l'instant et il n'est pas question de mettre à disposition de l'argent, comme cela est le cas pour d'autres candidatures. Ce n'est pas le cas pour M. Ziegler: je vous ai dit que l'appui sera celui de nos services dans les domaines où nous sommes compétents."

Weil damit nicht alles Gefragte zufriedenstellend beantwortet war, reichte ich am 4. Oktober 2000 eine vom Bundesrat schriftlich zu beantwortende Einfache Anfrage nach, die folgenden Wortlaut hat:

"In der Fragestunde vom 25. September 2000 konnte die Frage, wer für die Entlöhnung von Jean Ziegler als UnoSonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung zuständig ist, nicht abschliessend beantwortet werden. Die Öffentlichkeit hat indessen ein Recht darauf, zu wissen, wer für diese Entlöhnung zuständig ist. Deshalb bitte ich den Bundesrat um Beantwortung folgender Fragen:

1. Wird Jean Ziegler als "Uno-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung" genau gleich wie Frau Carla del Ponte als Chefanklägerin des Uno-Kriegsverbrechertribunals durch die Schweiz entlöhnt?

2. Falls dies zutrifft: Wie hoch ist das Jahressalär des Uno-Sonderberichterstatters Jean Ziegler?

3. Was für zusätzliche Privilegien sind mit der Stellung eines Uno-Sonderberichterstatters verbunden? Geniesst Jean Ziegler in seiner neuen Funktion diplomatische Immunität?"

Antwort des Bundesrates:

Zu 1. und 2.: Als Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission der Uno enthält Jean Ziegler keine Entlöhnung weder von der Schweiz noch von den Vereinten Nationen. In Übereinstimmung mit dem Reglement der Uno betreffend die unabhängigen Experten wird ihm die Organisation nur dann eine Entschädigung per diem ("Daily Subsistence Allowance") auszahlen, wenn er im Rahmen seines Mandates ins Ausland reisen muss. Auch die Transportkosten werden dann von der Uno übernommen.

Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten und die Ständige Mission der Schweiz bei den internationalen Organisationen in Genf werden Jean Ziegler aber die für die Erfüllung seiner Aufgabe notwendige Unterstützung - in Form der Erfahrungen der schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit und der Spezialisten des EDA im Bereich Menschenrechte - zukommen lassen.

Zu 3.:Die Sonderberichterstatter der Menschenrechtskommission geniessen diejenigen Vorrechte und Immunitäten, welche den Experten, die spezifische Tätigkeiten für die Uno ausführen, gewährt werden. Diese sind in Artikel VI des Übereinkommens über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946 festgehalten. Was die Schweiz betrifft, so ist festzuhalten, dass dieser Artikel identisch ist mit Artikel VI des Sitzstaatabkommens, welches zwischen der Schweiz und der Uno am 19. April 1946 vereinbart wurde. Damit wird Jean Ziegler - wie alle Sonderberichterstatter - über die darin vorgesehenen Vorrechte und Immunitäten verfügen, welche auf die im Rahmen einer gewissen Funktion ausgeübten Aktivitäten beschränkt sind.

Kommentar Schlüer:

Die Antwort des Bundesrats ist äusserst dürftig. Der Bundesrat flüchtet sich in Prinzipien, um nicht konkrete Zahlen nennen zu müssen. Dass die Uno als Arbeitgeberin prinzipiell für Entschädigungszahlungen zuständig wäre, ist einsichtig. Zuständig wäre sie auch für die Zahlungen an Carla del Ponte, welche faktisch aber die Eidgenossenschaft zu übernehmen hat. Auch über das Ausmass der Immunität Zieglers ist die Antwort schwammig. Wer entscheidet, ob eine von Ziegler getätigte Aussage sich innerhalb oder ausserhalb des Rahmens seiner "Berichterstatter-Tätigkeit" befindet?

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch