General Reiterer

Schweizer Armee gegen Seeräuber im Indischen Ozean
Kommentar für die Rubrik "Akzent" in der "Schweizerzeit" vom 30. Januar 2009

Neuerdings muss, wer in der Schweiz die Armee in den Einsatz befiehlt, nicht einmal mehr Schweizer Bürger sein. Der jedenfalls, welcher der Schweiz kürzlich einen realen Kämpfer-Einsatz gegen Seeräuber grossmütig erliess, wenn Mutter Helvetia stattdessen einen erheblichen Geld-Tribut nach Brüssel überweise, der ist von Geburt Österreicher, von der Funktion her der verlängerte Arm der EU in die Schweiz: Michael Reiterer.

Viele Schweizer werden kopfschüttelnd über des dreisten EU-Botschafters Anmassung – vom Bundesrat schweigend entgegengenommen – hinwegsehen. Weil sie den Hintergrund, die zielgerichteten Bemühungen Brüssels um zunehmende Verfügungsgewalt über die Schweizer Armee, nicht erkennen oder nicht wahrhaben wollen.

Micheline Calmy-Reys Kalkül

Mit der Armee als dem wichtigsten, weil im Notfall letzten Sicherheitsinstrument der an ihrer Eigenständigkeit und Freiheit festhaltenden Eidgenossenschaft konnte Frau Calmy-Rey, politisch gross geworden in den Kreisen der grundsätzlichen Armeegegner, nie etwas anfangen. Trotzdem ringt sie heute zäh um mehr Einfluss auf unsere Armee.

Seit den Neunzigerjahren träumen bekanntlich hohe Offiziere – einzelne davon sind inzwischen im Ruhestand – von Schweizer Armee-Abenteuern irgendwo auf der Welt. Dank internationaler «Kooperation» witterten sie die Chance, einmal an der Seite von Grossen «richtig Krieg führen» zu können. Man schuf dafür gar eine Art «Rechtsgrundlage»: Die Armee schloss sich «Partnership for Peace», einem Nato-Konstrukt an. Als pure Harmlosigkeit der Öffentlichkeit verkauft, damit das Parlament vom Beschluss über die Teilnahme (und damit auch das Volk von einem Referendum darüber) ausgeschlossen werden konnte, wird der dazu abgeschlossene «Partnerschafts-Vertrag» mit der Nato bis heute freilich sorgfältig unter Verschluss gehalten. Als wäre er ein «geheimes Kriegsabkommen».

Allerdings: Die Nato-Partnerschaft entwickelte sich nicht zur Erfolgsgeschichte. Eigentlich konnten die hiesigen Nato-Bewunderer seit Vereinbarung dieser Partnerschaft bloss den Niedergang der Nato beobachten. Nicht einmal die USA, einst treibende Kraft hinter der Gründung, nehmen die Nato heute noch wirklich ernst.

Militärbündnis EU?

Gleichzeitig beobachteten die Internationalisten in Spitzenfunktionen der Schweizer Armee: Auch zu Brüssel beginnen Träume von «vergemeinschafteten Streitkräften» zu keimen.

Calmy-Rey erkannte sofort ihre Chance: Gelänge es, die Schweiz ihrer so durch und durch eigenem Charakter verpflichteten Milizarmee zu berauben und die Schweizer Armee Schritt für Schritt Brüsseler Hoheit zu unterstellen, dann wäre die Eigenständigkeit der Schweiz rasch am Ende. Das ist der Inhalt des plötzlich erwachten Armee-Traums unserer brüsselsüchtigen Aussenministerin.

Wie willkommen waren ihr da die medial so plötzlich hochgespielten Seeräuber: Schnurstracks offerierte sie bewaffnete Schweizer Seeräuberjäger – sich des Rückhalts beim fanatischen SVP-Hasser Couchepin sicher, der gegen den neu an der Spitze des Verteidigungsdepartements stehenden ehemaligen SVP-Präsidenten jederzeit zu jedem Winkelzug bereit ist.

Die Schiffsbesitzer reagierten freilich nicht eben beglückt: Schiessereien auf mit was für Gütern auch immer beladenen Schiffen – das ist etwa das Letzte, was sich ein Reeder wünscht. Aber Calmy-Rey fand sofort Ersatz-Beglückte: Uno- oder irgend welche andere Schiffe. Nicht Schutz ist ihr Ziel. Verfügungsgewalt über unsere Armee strebt sie an. Um – alter Genossenplan – unsere Armee einem EU-Einsatz zuzuführen, einem EU-Kommando zu unterstellen. Sie braucht dazu ein fait accompli, weil es eine Rechtgrundlage für ihr Vorhaben nicht im entferntesten gibt…

Der erste Schritt

Denn – so Calmy-Reys Kalkül – wäre unsere Armee auch nur ein einziges Mal einem Brüsseler Kommando unterstellt, würde niemand mehr nach einer Rechtsgrundlage dafür fragen. Der erste, entscheidende Schritt, der Schweiz die Verfügungsgewalt über ihr wichtigstes Sicherheitsinstrument zu entwinden, wäre getan…

Einer hat diesen Schachzug Calmy-Reys sofort erfasst – vielleicht gar mit ihr zusammen ausgeheckt: Michael Reiterer. Als EU-Botschafter sich neuerdings aufführend, als wäre er schon der General der Schweizer Truppen.
Bundesrat Ueli Maurer scheint das Schlimmste verhindert zu haben. Den General Reiterer angemessen in den Senkel zu stellen, dazu fehlt Bern indessen bislang aller Mut.

Ulrich Schlüer


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