Marignano

Bankkundengeheimnis: Konfuser Bundesrat
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 6. März 2009

Es sei - das Bankkundengeheimnis nämlich - "nicht verhandelbar". Sagte ein trotziger Bundesrat noch vor wenigen Monaten. Immerhin - schliesslich drohte die EU massiv - sei er zu "Gesprächen" bereit. Was aber nichts mit "Verhandlungen" zu tun habe. Gab der Bundesrat schon einige Schrittchen nach. Inzwischen - vor nackter Drohung der USA - ist er eingebrochen. Auf der ganzen Linie.

Die Justizministerin rennt noch Washington, beteuernd, man könne künftig ja bei "schwerer" - das wäre generell die von den USA mit oder ohne Rechtsgrundlage reklamierte - Steuerhinterziehung Daten von Vermögensanlegern ausliefern. Ergebnis: Die Vermögenden, alle völlig unbescholten Vermögenden müssten zur Kenntnis nehmen, dass für sie Rechtssicherheit dahin ist. Sie wären so schutzlos Freiwild von Mächtigen, wie sie nicht einmal der Kommunismus zu Freiwild deklarieren vermochte. Klar ist überdies: Die Schweiz als Bankenplatz für Vermögensanleger wäre dahin. Als Konkurrent erledigt.

Wir erinnern uns: Als die Schweiz vom Bundesrat genötigt wurde, Schengen beizutreten, lockte die Landesregierung (Bundesrat Joseph Deiss war damals der Sprecher) mit der Beteuerung, mit dem Schengen-Vertrag werde uns das Bankkundengeheimnis "völkerrechtlich verbrieft"...

"Völkerrechtlich verbrieft": Alles Lug und Trug, kapitale Fehleinschätzung unserer aufs internationale Parkett drängenden Landesväter und -mütter. Droht ein Mächtiger, ist ihnen unser Recht - das Recht des unbescholtenen Bürgers auf Privatsphäre - keinen Pfifferling wert. Vor Mächtigen kapitulieren sie auf der ganzen Linie. Ihr als "Stratege" verkauftes Konzept, sich mittels servilem Anpassertum und offener Selbstverleugnung auf der Weltbühne wenigstens am Katzentisch auf der Welttribüne ein Plätzchen zu ergattern, entpuppt sich als eitler Wahn. Schnöder Rechts-Verrat ist der Preis, den sie dafür zu zahlen bereit sind.

Vor wem kapituliert denn unsere Landesregierung? Vor jenem Staat, dessen schuldhafte Vernachlässigung elementarer Regeln der Bankenaufsicht jenes Desaster verursacht hat, das jetzt die ganze Welt in eine schwere Krise stürzt. Vor dem Staat, in dem der schlimmste Finanzbetrüger aller Zeiten - er heisst Madoff - noch immer frei herumläuft.

Das wissen alle; doch jene, die Weltpolitik mit Grossmäuligkeit verwechseln, wagen nicht, diese Wahrheit auszusprechen. Marignano lässt grüssen.

Ulrich Schlüer


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