Persönliche Haftung

Nach dem Beinahe-Totschlag in München
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" vom 10. Juli 2009

Welches müsste die angemessene Antwort die in München von betrunkenen, bekifften Schülern um Mitternacht verübten, nahezu tödlich endenden Gewaltexzesse sein?

Die angemessene Antwort muss lauten: Volle, von keiner Versicherung gedeckte Haftung. Eltern, die ihre Nachkommen – allesamt als Gewalttäter vorbestraft – zu erziehen verzichtet haben, welche Lehrer und Klassenfahrt-Leiter über die aktenkundige Gewaltbereitschaft ihrer noch minderjährigen Nachkommen zu orientieren unterlassen haben, haben die volle, uneingeschränkte Haftung für die Untaten dieser Nachkommen zu übernehmen. Da haben nicht Ämter versagt, da haben Eltern versagt. Kann angerichtetes schweres Leid mit solch uneingeschränkter Haftungs-Übertragung auch nicht ungeschehen gemacht werden, so sollen die Eltern wenigstens die von der enthemmten Schlägerbrut verursachten Folgen tragen müssen – vollumfänglich! Und persönlich – nicht durch eine die Kosten letztlich der Allgemeinheit aufhalsende Versicherung. Für gewaltkriminelle Taten darf es keine Versicherung geben. Und wenn Operations- und andere Kosten jahrelang abgestottert oder selbst das eigene Haus deswegen verkauft werden müssten, ist das die Gelegenheit, auch die fehlbaren Jugendlichen persönlich – allenfalls noch jahrelang – mittragen zu lassen.

Aber auch Lehrer und Klassenfahrt-Leiter haben Haftung zu übernehmen. Wer ihm anvertraute Jugendliche – ob als «gefährdet» bekannt oder nicht – unbegleitet um Mitternacht sich bis zur buchstäblichen Besinnungslosigkeit und völligen Enthemmung betrinken und bekiffen lässt, muss für Folgen von solch verantwortungslosem Laisser-faire persönlich geradestehen.

Auch die Schulpflege hat zu haften: Eine Klasse nach München ziehen zu lassen, dabei Ja zu sagen zu «freiem Ausgang» inklusive «angemessenem Alkoholkonsum» für Minderjährige – das ist fahrlässige, unentschuldbare, bodenlose Dummheit. Persönliche Haftung für die voraussehbaren Folgen ist nichts als angebracht.

Es müssen jetzt nicht Heerscharen von Sozialbetreuern aufgeboten werden, auf dass sie mit den zurückgekehrten Schülern die «Verarbeitung des Geschehenen anzudiskutieren» beginnen. Die einfache Lehre «Wer fehlt, der haftet» genügt als Erziehungslektion durchaus. Wer die Kraft dazu nicht aufbringt, wird mitverantwortlich dafür, dass die Untat von München nicht die letzte ihrer Art bleiben wird.

Ulrich Schlüer


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