Von Herrschern und Untertanen

EU interveniert gegen Einwanderungs-Schutzklauselanwendung
Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 15. Mai 2009

Wie haben sie vollmundig gepredigt, die Schwärmer von der Personenfreizügigkeit, vor erst einem Vierteljahr: in Rumänien, in Bulgarien, da müsse man dabei sein, da gehe in den kommenden Jahren wirtschaftlich «die Post ab». Wer diesen Ländern gegenüber nicht «offen» sei, der gerate hoffnungslos ins Hintertreffen.

Überhaupt: Die Zukunft Europas wachse im Osten. Nichts sei dringender als «Öffnung» zum Osten hin! Jene, die warnten, wurden im besseren Fall zu «Ewiggestrigen», im schlechteren zu «Lügnern» gestempelt.

Und jetzt? Drei Monate nach der Abstimmung? Lettland faktisch bankrott. Ungarn faktisch bankrott, Rumänien faktisch bankrott. Tschechien in grössten Schwierigkeiten. Polen am Taumeln. Die Europäische Zentralbank muss – mit Dutzenden Milliarden Euro – laufend Zahlungsbilanz-Hilfe leisten. Nicht für Wachstumshilfe. Sie muss Löcher stopfen im grössten Stil. Allein zur Konkurs-Abwendung dieser Staaten. Und: Sie betreibt dieses Löcherstopfen nicht unwesentlich mit Schweizer Geld. Das «Guthaben» unserer Nationalbank – hastig ausgeliehene Milliarden für hastiges Löcherstopfen – beläuft sich inzwischen auf sechzig Milliarden. Sie erscheinen in der Nationalbank-Bilanz als «Guthaben». Ob sie wirklich je vollumfänglich zurückkommen?

Derweil nimmt die Einwanderung in die Schweiz weiter zu. Und die Arbeitslosigkeit unter den Einwanderern wächst exorbitant. Es trifft genau das ein, was die Kritiker überstürzter Personenfreizügigkeit vorausgesagt haben: Die Arbeitslosenversorgung der Schweiz ist allzu attraktiv, als dass Menschen, die von ihr profitieren möchten, die Öffnung aller Grenzen dazu nicht nutzen würden…

Der Bundesrat kündigt jetzt an, er wolle «darüber nachdenken», ob nicht gelegentlich die Notbremse zu ziehen sei. In Form erneuter Kontingentierung der Einwanderung aus der EU. So, wie das die Verträge gestatten würden.

Die Quittung aus Brüssel kam postwendend: Die Schweiz sei «unsolidarisch», «eigensüchtig». Sie solle sich unterstehen, jetzt die Ausnahmeklausel anzurufen, auch wenn diese im Vertrag vorgesehen sei.

Der Meister hockt in Brüssel. In Bern finden sich noch Duckmäuserinnen und Duckmäuser. Ob diese wenigstens einmal die Kraft aufbringen, den Herrschern von Brüssel zu widerstehen?

Ulrich Schlüer


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