Erpressungs-Objekt


USA wollen Bankkundengeheimnis knacken

Frontseiten-Kommentar für die "Spalte rechts" in der "Schweizerzeit" 5. März 2010

Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem letztinstanzlichen Urteil festgestellt, dass es für die Auslieferung aller Vermögensdaten von 4550 amerikanischen UBS-Kunden an die USA keine Rechtsgrundlage gibt, dass die von Washington geforderte Datenauslieferung also illegal wäre.

Zu Nachverhandlungen erklärten sich die USA nicht bereit. Soll die zwischen Bern und Washington ausgehandelte Vereinbarung umgesetzt werden können, müsste das Parlament rückwirkend neues Recht schaffen. Genau dies beantragt der Bundesrat. Folgt das Parlament dem Bundesrat, dann würden seinerzeit völlig legal eingegangene Kundenbeziehungen bis zurück ins Jahr 2001 nachträglich kriminalisiert: Ein schwerer Schlag für Tausende bis anhin unbescholtener Kunden.

Das Parlament steht vor einer schwierigen Entscheidung: Verweigert es sich der nachträglichen Kriminalisierung von Bankkunden, dann dürfte die US-Steuerverwaltung der UBS den Prozess machen wegen – in den USA entfalteter – aktiver Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Kenner der Vorgänge räumen ein, dass die UBS im Rahmen ihrer USA-Geschäfte in möglicherweise erheblichem Umfang amerikanische Gesetze verletzt haben könnte. Einen Prozess mit der US-Steuerverwaltung fürchtet sie folglich. Würde die UBS verurteilt, hätte sie mit einer mehr als nur gesalzenen, allenfalls gar ihr Überleben in Frage stellenden Busse zu rechnen. Das würde die UBS weltweit treffen, besonders auch in der Schweiz.

Kriminalisiert das Parlament andererseits mittels rückwirkend in Kraft gesetzter neuer Gesetze seinerzeit völlig rechtmässig handelnde Kunden, dann würde der Glaubwürdigkeit des Finanzplatzes Schweiz ein möglicherweise ebenfalls existenzbedrohender Stoss versetzt. Und andere Staaten würden unverzüglich nachstossen: Würden amerikanische Kunden durch die Schweiz nachträglich kriminalisiert, würde Deutschland – mit Hilfe gestohlener, allenfalls auch manipulierter Daten – auch die nachträgliche Kriminalisierung deutscher Kunden von Schweizer Banken mit erpresserischen Methoden verlangen – und wohl auch durchsetzen. Andere Länder würden folgen, die altbekannte Regel anwendend: Wer einmal einer Erpressung nachgegeben hat, lässt sich immer wieder erpressen.

Ein auf Selbstbestimmung bedachter Staat lässt sich nicht erpressen. Damit müsste klar sein, wie das Parlament im Landesinteresse zu handeln hat.

Ulrich Schlüer


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