Nachbarn und Freunde


Schweiz wird Gläubiger Deutschlands

Kommentar für die Rubrik "Akzent" in der "Schweizerzeit" vom 17. Dezember 2010

Peer Steinbrück ist nicht mehr deutscher Finanzminister. Als solcher zog er seinerzeit in den Krieg gegen das Schweizer Bankgeheimnis. Er, gerne mit Waffen lärmend, drohte «den Indianern» mit der Kavallerie – was zu Bern freilich nicht ganz ohne Wirkung blieb.

Heute bekundet Steinbrück offene Sympathie an die Adresse von Datendieben, welchen – so Steinbrück – zu Recht Millionen aus der Staatskasse für die CDs mit in der Schweiz geklauten Bankkundendaten bezahlt würden. Der SPD-Mann fügt wörtlich an: «Ich habe das (gemeint: den Datenklau) gebilligt und war beim Ankauf der ersten Daten auch aktiv beteiligt».

Interessant! Der Herr Minister war also ein Hehler. Er liess vorsätzlich einen Nachbarn, der ihm nichts zu leide getan hat, bestehlen – und entschädigte die Diebe mit Millionen aus seiner Staatskasse…

Inzwischen sind weitere Zusammenhänge klar geworden: Es waren die SPD-Finanzminister Hans Eichel und Peer Steinbrück, die – zur Zeit der Regierung Schröder – die Aufweichung der Stabilitätskriterien des Euro vorsätzlich vorangetrieben haben, weil das SPD-regierte Deutschland diese nicht mehr einhalten wollte und konnte. Diese Missachtung verbindlicher Stabilitätskriterien – unabdingbare Voraussetzung für einen stabilen Euro – wird heute als ausschlaggebend für Euro-Zerfall und Verschuldungskrise erkannt, die heute ganz Europa bis ins Mark erschüttern. Das gegen die Schweiz entfesselte Kriegsgeschrei von Eichel und Steinbrück hatte also nicht zuletzt das schwerwiegende Versagen genau dieser zwei Minister gegenüber der Wirtschafts- und Währungsstabilität in Europa zu tarnen.

Für die Schweiz ist klar: Wenn Deutschland Datenklau zum Regierungsprinzip erklärt, wenn selbst das Deutsche Bundesverfassungsgericht Datenklau rechtfertigt, dann ist Deutschland als Verhandlungspartner nicht mehr glaubwürdig. Man kann doch mit Deutschland nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen unterzeichnen, wenn Deutschland in aller Offenheit illegale Praktiken staatlich rechtfertigt, ja begünstigt, die den im zu unterzeichnenden Abkommen vereinbarten Regelungen diametral, ja kriminell widersprechen.

Inzwischen haben sich auch die Gewichte etwas verlagert. Die Schweizerische Nationalbank hat bekanntlich in verantwortungsloser Übertreibung für über einhundert Milliarden Franken Euro erworben – im Glauben, damit den Euro-Zerfall stoppen zu können. Dieses Ziel wurde klar nicht erreicht. Die Nationalbank hat auf den eingekauften Euro bereits zwanzig Milliarden Franken verloren. Und steht angesichts des weiteren Euro-Zerfalls vor der Herausforderung, die zu Bern angehäuften Euro irgendwie sinnvoll zu verwenden. Die Nationalbank hat dafür in letzter Zeit in recht bedeutendem Ausmass deutsche Staatspapiere erworben.

Im Klartext heisst das: Die Schweiz trägt in nicht unbeträchtlichem Ausmass das Staatsdefizit der Deutschen. Die Schweiz ist inzwischen auch zum grössten Gläubiger Deutschlands geworden. Eine Tatsache, die bei Verhandlungen in die Waagschale geworfen werden kann. Sollten zu Berlin je wieder «Kriegsgelüste» gegen die Schweiz wach werden, können die Deutschen ganz sanft auf die ihnen blühenden Folgen hingewiesen werden, die eintreten würden, wenn die Nationalbank die von ihr gehaltenen deutschen Schuldscheine plötzlich in grösserer Zahl auf den Markt werfen würde…

Die Lust, gegen die Schweiz Waffen rasseln zu lassen, dürfte zu Berlin rasch schwinden.

Dr. Ulrich Schlüer, Nationalrat


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