Flucht ins Unverbindliche

Zum Ausgang der Eidgenössischen Wahlen

"Spalte rechts"
Kommentar des Chefredaktors

Die Schweiz steht vor schwierigen, ja schicksalhaften Herausforderungen. Sie erfährt wachsenden, zunehmend erpresserischen Druck seitens der rettungslos überschuldeten, verzweifelt neue Geldquellen suchenden Staaten. Unser Land mit ihrer als schwach und aus jüngster Erfahrung als erpressbar eingeschätzten Regierung gilt als leicht zu packendes Opfer mit noch reichlich gefüllter Staatskasse.

Aber Schweizer Wähler verhelfen den Unverbindlichen, den Programmlosen zu politischem Auftrieb.

Ist denn die Massenimmigration, welche der Schweiz pro vier Jahre eine Bevölkerungsvermehrung in der Grösse der Stadt Zürich beschert, kein Problem mehr? Soll der laufende Bruch der EU-Immigrationsverträge (Personenfreizügigkeit, Schengen, Dublin) auf die leichte Schulter genommen werden, wenn EU-Mitglied Italien illegalen Einwanderern unter krasser Vertragsverletzung Touristenvisa zu Tausenden ausstellt, um diese Illegalen vor allem der Schweiz zuzuschieben? Ist die vom Bundesrat hinterrücks mit Brüssel verhandelte «institutionelle Einbindung» in die EU-Gesetzesmaschinerie, die faktisch einer einseitigen Unterwerfung Berns unter Brüssels Regulierungs-Diktat und Bürger-Ausplünderungs-Politik gleichkommt, achselzuckend hinzunehmen?
Was hört man dazu von den Wahlgewinnern? Der eine überschlägt sich wortreichst in der überaus wichtigtuerisch gespielten Rolle des «Züngleins an der Waage» im Blick auf die Bundesratswahlen. Ob ihm die Wähler dafür weitere Sitze zugebilligt haben? Der andere wähnt als Strahlemann die Leere seines politischen Programmes übertünchen zu können, indem er der grössten Partei «Hausaufgaben» – also die Preisgabe zentraler Programmpunkte – diktieren zu müssen glaubt. Dies, weil er ausser stereotypem Widmer-Schlumpf-Fetischismus – aus dem die derzeit gefährlichste Ausverkaufspolitik zu Lasten der Schweiz wuchert – nichts zu bieten hat.

Ganz neu ist solche Flucht ins Unverbindliche nicht. So alle fünfundzwanzig Jahre wird sie von einer – zahlenmässig eher beschränkten – Wechselwählerschaft durchgesetzt. Solcher das Programmlose suchenden Wechselwählerschaft verdankten vor fünfzig Jahren der Landesring, vor rund fünfundzwanzig Jahren die (linken) Grünen je vorübergehende Höhenflüge.
Gefährlich wird solcher Ausflug ins Unverbindliche allerdings dann, wenn er in Zeiten stattfindet, wo tragende Pfeiler schweizerischer Selbstbestimmung bereits bedenklich angenagt sind.

Ulrich Schlüer


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