Menschenrechte


Wer behauptet, eine Distanzierung der Schweiz von der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) komme der radikalen Absage an alle Menschenrechte gleich, ist entweder Analphabet oder Wahrheitsverdreher. Die Menschenrechte sind in der Schweizerischen Bundesverfassung in nicht weniger als dreissig Artikeln (Artikel 7 bis 36) einzeln und detailliert aufgeführt und im Kern als unantastbar erklärt.

Als die Schweiz am 28. November 1974 der EMRK beitrat, tat sie dies in der Gewissheit, dass alle in dieser Konvention festgehaltenen Prinzipien hier längst Gültigkeit haben – was ein fakultatives Referendum zum EMRK-Beitritt überflüssig mache. Wenige (im Ständerat der Glarner Peter Hefti, im Nationalrat James Schwarzenbach und Otto Fischer) warnten davor, was sog. «dynamische Anwendung» der EMRK bewirken könne.

Jahre später kam das Bundesamt für Justiz – auch zuständig für die Gewährleistung der Rechtmässigkeit staatlichen Handelns in der Schweiz – zur Überzeugung, der Beitritt der Schweiz zur EMRK, hätte 1974 eigentlich dem fakultativen Referendum unterstellt werden müssen.

Seit wenigen Jahren – wir erfuhren das 2010 in einer parlamentarischen Kommissionssitzung – ist diesem Bundesamt bewusst, dass der EMRK-Beitritt eigentlich dem obligatorischen Referendum hätte unterstellt werden müssen. Die in Strassburg stattfindende «dynamische Rechtsauslegung» tangiere in zunehmendem Mass Verfassung und Gesetze der Schweiz derart, dass eine obligatorische Volksabstimmung zwingend wäre. Mit «dynamischer Rechtsauslegung» ist im Klartext die selbstherriche, allein von den Richtern des Europäischen Menschenrechts-Gerichtshofs durchgesetzte Ausweitung von EMRK-Prinzipien auf Sachverhalte gemeint, die seinerzeit in keiner Weise mit der EMRK in Verbindung gebracht worden waren.

Auch wenn niemandem eine Schuld dafür angelastet wird, dass diese Konsequenz des seinerzeitigen EMRK-Beitritts 1974 übersehen wurde, drängt sich angesichts Tatsache gewordener Urteile und Entwicklungen doch die Frage auf, ob zur Wiederherstellung des verfassungsmässig Erforderlichen nicht eine nachträgliche Abstimmung über die EMRK-Mitgliedschaft angebracht, ja zwingend wäre.

Da blocken Bundesrat, Parlamentsmehrheit und Bundesverwaltung ab. Internationales Wohlverhalten ist ihnen wichtiger als Respektierung verfassungsmässiger Erfordernisse. Um so skrupelloser werden – selbst von höchster Stelle – jene als «Gegner der Menschenrechte» heruntergemacht, die mittels Initiative nichts anderes vorschlagen, als die verfassungsmässige Ordnung bezüglich Schaffung von anwendbarem Recht wiederherzustellen.

us


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