Tornado-Absturz im Berner Oberland

Interpellation vom 14. Juni 2007

Nach dem Absturz eines deutschen Tornado-Kampfflugzeugs am 12. April 2007 auf einem Übungsflug im Lauterbrunnental ersuchte ich den Bundesrat um Beantwortung folgender Fragen:

1. Warum wurde dieser Übungsflug bewilligt, obwohl er so, wie er ausgeführt wurde, gemäss den geltenden vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Schweiz und Deutschland nicht zulässig gewesen wäre?

2. Wer trägt die Verantwortung dafür, dass dem abgestürzten deutschen Piloten lediglich "kameradschaftliche Ratschläge", nicht aber bindende, seiner Flugerfahrung angemessene Auflagen erteilt worden sind?

3. Welcher Stellenwert wird der im Übungsgebiet wohnhaften Zivilbevölkerung eingeräumt, wenn einem Jungpiloten mit noch wenig Flugerfahrung bloss "kameradschaftliche Ratschläge" auf einen angesichts der vorgesehenen Tiefflug-Manöver in engem Gebirgstal höchst anspruchsvollen Übungsflug mitgegeben werden?

Begründung

Bezüglich Durchführung von Übungsflügen deutscher Kampfflugzeuge mit deutschen Piloten über Schweizer Hoheitsgebiet (und umgekehrt) bestehen zwei vertragliche Vereinbarungen:

1. Die Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport und dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit der Luftstreitkräfte bei Übungen und in der Ausbildung, (unterzeichnet am 16. bzw. 8. Mai 2000).

2. Die Vereinbarung zwischen dem Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport handelnd für den schweizerischen Bundesrat und dem Bundesministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit der Streitkräfte auf dem Gebiet der Ausbildung (abgeschlossen am 29. September 2003).

Gemäss diesen beiden Verträgen sind Flüge "zum Zweck gemeinsamer Ausbildung und Übungen auf dem Gebiet der Militärluftfahrt" zulässig, allerdings "ausschliesslich in Form von gemeinsamen Übungs- und Ausbildungsvorhaben", welche "in den Einsatzverbänden der Vertragsparteien sowie in Form von lehrgangsgebundener Einzelausbildung an den jeweiligen Schulen der Streitkräfte durchgeführt werden".

Der dem abgestürzten deutschen Piloten gestattete Übungsflug fand indessen weder in Form eines gemeinsamen Übungsvorhabens in einem Einsatzverband der Vertragsparteien noch im Rahmen eines bestimmten Lehrgangs, an dem die Schweiz beteiligt war, statt. Eine Rechtsgrundlage für diesen Flug ist damit nicht erkennbar.

Beim abgestürzten deutschen Piloten handelt es sich - gemäss Auskünften des Chefs der Armee, Kkdt Christophe Keckeis - um einen sehr jungen Piloten, der zwar beste Prüfungsergebnisse ausweisen konnte, dem umfassendere Flugerfahrung indessen noch fehlte. Er wurde - wie festgehalten wurde - auch Opfer dieser Unerfahrenheit. Die Tatsache der Unerfahrenheit dieses Piloten scheint bei der Bewilligung des Flugs keine Rolle gespielt zu haben. Daraus resultiert die Frage nach der Verantwortung jener, die grünes Licht für diesen Flug erteilt haben.

Das tragische Ende dieses Übungsflugs illustriert auch die Gefahr, welcher die Bewohner der Absturzregion ausgesetzt wurden, ausgehend von der Tatsache, dass einem wenig erfahrenen Piloten eine Bewilligung erteilt worden ist.

>> Antwort des Bundesrates vom 12. September 2007

Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch