Antwort des Bundesrates

Motion «Gebrauch einer Waffe, Strafverschärfung»
Stellungnahme des Bundesrats (vom 5. Juni 2001)

Im Namen der SVP beantragt der Motionär Festhalten an seinen Anträgen. Die Behandlung als Motion
im Rat erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt.

1.
Auch der Bundesrat geht davon aus, dass Schuss- und Blankwaffen namentlich dann ein besonderes Gefährdungspotenzial in sich bergen, wenn sie von Personen getragen werden, die eine Straftat ausführen wollen. Der
Gesetzgeber hat indes eine Reihe von Vorkehren getroffen, um einer missbräuchlichen Verwendung von Waffen entgegen zu wirken.

So unterwirft das am 1. Januar 1999 in Kraft getretene Waffengesetz den Erwerb und das Tragen von Schuss- und Blankwaffen strengen Bedingungen. Es dürfen keine Waffenerwerbsscheine an Wiederholungstäter oder an Personen abgegeben werden, deren Straftaten eine gewalttätige oder gemeingefährliche Gesinnung offenbart haben. Kein Erwerbsschein ausgestellt wird auch Personen, bei denen zu befürchten ist, dass sie mit der Waffe sich selber oder Dritte gefährden. Wer ohne Bewilligung eine Waffe erwirbt oder trägt kann mit Gefängnis bis zu drei Jahren bestraft werden, und konfizierte Waffen werden seit dem 1. Mai 2001 in einer Datenbank systematisch registriert. Der Bundesrat hat zudem im März dieses Jahres das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement beauftragt, noch bestehende Lücken im Waffengesetz, welche namentlich die Weitergabe von Waffen unter Privaten betreffen, zu schliessen.

Auch das Strafrecht trägt der Gefährlichkeit des Waffengebrauchs als solchem Rechnung. Diebstahl oder schwerer Raub werden wesentlich strenger bestraft, wenn der Täter eine Schusswaffe oder eine andere gefährliche Waffe mit sich führt (Art. 139 Ziff. 3 Abs. 2 und 140 Ziff. 2 StGB). Bei schweren Verbrechen, das heisst insbesondere bei Mord, vorsätzlicher Tötung, Raub, Freiheitsberaubung, Entführung, Geiselnahme oder schwerer Körperverletzung kann das Tragen einer Waffe unter den Voraussetzungen von Artikel 260bis StGB als strafbare Vorbereitungshandlung bestraft werden. Zudem kann mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden, wer jemandem Waffen, Waffenbestandteile oder Munition verschafft, obwohl er gewusst hat oder hat annehmen müssen, dass diese zur Begehung einer Straftat dienen (Art. 260quater StGB).

2. Die Motionärin möchte dieses Schutzdispositiv noch verstärken, indem das Mitführen einer Waffe bei der Ausführung einer Straftat mit Zuchthaus von mindestens fünf Jahren bestraft wird und ausländische Straftäter lebenslang des Landes verwiesen werden sollen. Die vorgeschlagenen Massnahmen erweisen sich indes bei genauerem Hinsehen als unnötig oder unverhältnismässig.

a) Unnötig ist die Rechnung vor allem darum, weil das geltende Strafgesetzbuch praktisch für alle Tatbestände, bei denen die Verwendung einer Waffe denkbar ist, bereits sehr hohe Mindeststrafen vorsieht. So betragen diese Zuchthaus nicht unter zehn Jahren bei Mord (Art. 112 StGB), Zuchthaus nicht unter fünf Jahren bei vorsätzlicher Tötung (Art. 111 StGB), Zuchthaus nicht unter drei Jahren bei qualifizierter Geiselnahme (Art. 185 Ziff. 2 StGB), sexueller Nötigung (Art. 189 Abs. 3 StGB) und Vergewaltigung (Art. 190 Abs. 3 StGB), namentlich wenn Waffen im Spiel sind, Zuchthaus oder Gefängnis nicht unter einem Jahr bei Raub mit Waffengebrauch (Art 140 Ziff. 2 StGB), sowie Zuchthaus nicht unter einem Jahr bei qualifizierter Freiheitsberaubung (Art. 184 StGB) und einfacher Geiselnahme (Art. 185 Ziff. 1 StGB). Dazu kommt, dass auf Grund der allgemeinen Konkurrenzregel von Artikel 68 StGB die Strafe in jedem Fall verschärft wird, wenn der Täter unbefugterweise eine Waffe mit sich trägt.

b) In gewissen Fällen würde die von der Motionärin vorgeschlagene Regelung zu einer ausserordentlichen Strafverschärfung führen, die sich mit dem Gedanken des Schuldstrafrechts nicht verträgt und zudem innerhalb des Strafgesetzbuches zu einer völlig inkohärenten Wertung des kriminellen Handelns führen würde. So wäre etwa die Mindeststrafe für eine einfache Körperverletzung statt wie heute drei Tage Gefängnis (Art. 123 Ziff. 2 Abs. 1 StGB) Zuchthaus von fünf Jahren; dieselbe Mindeststrafe müsste auch für Totschlag und Tötung auf Verlangen vorgesehen werden, bei welchen Delikten die Mindeststrafe nach geltendem Recht ein Jahr beziehungsweise drei Tage Gefängnis beträgt (Art. 113 und Art. 114 StGB). Eine solche Strafzumessung würde dem Gerechtigkeitsempfinden krass widersprechen und wäre unverhältnismässig.

c) Auch die vorgeschlagene Regelung betreffend die Landesverweisung erweist sich als zu starr und schiesst übers Ziel hinaus. Dem Entscheid über die Landesverweisung muss nämlich eine umfassende Würdigung der persönlichen Situation des Täters vorangehen. Ob dieser einmal zwecks Begehung eines Delikts eine Waffe mit sich geführt hat, kann dabei nicht allein ausschlaggebend sein; es müssen vielmehr die soziale Situation des Täters und die Sicherheitsrisiken für die Öffentlichkeit gesamtheitlich gewürdigt werden.

Aus den erwähnten Gründen ist der Bundesrat der Meinung, dass die Motion kein zweckmässiges Mittel gegen die missbräuchliche Verwendung von Waffen darstellt.

Erklärung des Bundesrates: Der Bundesrat beantragt, die Motion abzulehen.

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Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch