Korrektur im ersten Anlauf gescheitert

Nationalstrassen: Der Zerfall setzt sich fort

Nationalrat verwirft die parlamentarische Initiative Schlüer zur Nationalstrassenfinanzierung

Weil die Sanierung und Instandhaltung selbst der wichtigsten Nationalstrassen-Abschnitte - vor allem der A 1 Zürich-Bern - nur noch mittels finanzieller Notprogramme einigermassen gewährleistet werden kann, forderte der Zürcher SVP-Nationalrat Ulrich Schlüer mit einer im Dezember 1997 eingereichten parlamentarischen Initiative eine neue, eigenständige Trägerschaft für das Schweizer Nationalstrassennetz.

Konkret verlangte die Initiative die Überführung des gesamten schweizerischen Nationalstrassennetzes in eine selbständige, eigenwirtschaftlich und profitorientiert operierende Gesellschaft - wobei diese vom Staat, von Privaten oder gemischtwirtschaftlich betrieben werden könne. Die neue für die Nationalstrassen verantwortliche Gesellschaft solle ihre Einnahmen einzig aus Benutzergebühren von den die Nationalstrassen befahrenden Fahrzeugen bestreiten. Im Gegenzug müsse der Bund auf Treibstoffzollzuschläge und spezielle Gebühren (z.B. Vignette) oder Steuern zugunsten von Bau und Unterhalt des Nationalstrassennetzes verzichten.

Am 18. Dezember 1998 hatte der Nationalrat über diese Initiative zu entscheiden, welche der Initiant vor dem Rat wie folgt begründete:

«Wir stellen fest, dass der Verkehr in der Schweiz heute zu einem planwirtschaftlichen Experimentierfeld geworden ist. Wir stellen weiter fest, dass wir in diesem Land Verkehrsanlagen besitzen - ich denke insbesondere an die Nationalstrasse A1 zwischen Zürich und Bern -, deren Werterhaltung nur noch mit einem finanziellen Notprogramm aufrechterhalten werden kann.

Wir haben also mit dem Geld der Öffentlichkeit eine teure, grosse Anlage, ein öffentliches Werk erstellt, das als Arterie der schweizerischen Wirtschaft gelten kann. Es gelingt aber nur mit Hilfe eines finanziellen Notprogramms, die Werterhaltung, also den Unterhalt dieses Werks zu gewährleisten. Da stimmt doch etwas nicht ! Wenn wir nur auf diese Weise wichtige Aufgaben und Pflichten, die uns der Souverän übertragen hat, erfüllen können, dann stimmt etwas Entscheidendes mit dem Mechanismus in diesem Staat nicht.

Wir stellen fest, dass die gegenwärtige Kompetenzverteilung in bezug auf die Werterhaltung der Nationalstrassen unzweckmässig ist. Da ist erstens der Bund beteiligt, der zwar das meiste bezahlen muss. Daneben sind die Kantone engagiert, die, sei es als Bauherren oder aufgrund ihres Kostenanteils, dringend notwendige Arbeiten zu Lasten unserer Volkswirtschaft um Jahre verzögern können. Da stellt sich unserem Parlament ganz einfach die Frage: Soll man diesen Zustand anstehen lassen? Ist es zulässig, ein Problem, das man erkannt hat, nicht anzupacken, es dahinschlittern zu lassen, bis die Zustände vollends unerträglich werden?

Ich beantrage Ihnen mit meiner parlamentarischen Initiative, das System des sogenannten «road pricing» zu übernehmen. Also für die Nationalstrassen eine eigenständige Gesellschaft einzurichten, die für den Bau und Betrieb der Nationalstrassen zuständig ist, die ihre Mittel allein aus Benutzergebühren bezieht, für die im Gegenzug keine Steuerleistungen, keine Abgaben mehr entrichtet werden - eine eigenständige Gesellschaft!

Ich möchte darauf aufmerksam machen - und richte mich damit vor allem an die linke und grüne Seite in diesem Rat -, dass Sie das Verursacherprinzip mit keinem anderen System vollendeter in die Tat umsetzen können als mit dem von mir geforderten. Wir fordern sozusagen reines Verursacherprinzip: Wer benutzt, soll für die Benutzung bezahlen, aber er soll nur für die Benutzung bezahlen.

Ich mache weiter darauf aufmerksam - da schaue ich nun eher in Richtung Mitte und auf die rechte Seite -, dass das von mir geforderte Nationalstrassen-Betriebssystem vollumfänglich EU-kompatibel ist; es wird zum Teil in anderen Staaten Europas angewendet.

So stellt sich abschliessend die Frage: Haben wir eine Verkehrspolitik zu verfolgen, die gegenüber der Volkswirtschaft eine dienende Funktion einnimmt. Oder ist es unsere Aufgabe, mit einer unzweckmässigen Verkehrspolitik die Volkswirtschaft zu behindern?»

Der Rat liess sich allerdings (noch) nicht überzeugen. Die parlamentarische Initiative Schlüer wurde von 50 Ratsmitgliedern unterstützt, 112 (SP, Grüne und CVP geschlossen) stimmten dagegen.

Der täglich zu beobachtende schleichende Zerfall der Nationalstrassen dürfte sich damit fortsetzen, womit das Festhalten an der Idee der Schaffung einer eigenständigen, für Bau und Betrieb der Nationalstrassen vollumfänglich zuständigen Betriebsgesellschaft aktuell bleibt. Diese Idee wird zweifellos an Anklang gewinnen, wenn der Bevölkerung ab dem Jahr 2000 die drastisch zunehmende Zahl von Vierzigtönnern täglich vor Augen und Ohren geführt wird - als Folge der bilateralen Verhandlungen mit der EU. Der Ruf nach neuen Lösungen bezüglich Bau und Unterhalt der Nationalstrassen dürfte sich dann rasch und entscheidend verstärken.

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Dr. Ulrich Schlüer - info@schluer.ch